Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine Berufung zu einem Streitpunkt zulässig begründet, ist es dem Berufungskläger nicht verwehrt, sein Vorbringen auch nach Ablauf der Begründungsfrist zu ergänzen; ob der nachgeschobene Angriffspunkt zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach den §§ 527, 528 ZPO a.F. (§§ 530, 531 ZPO n.F.)

2. Scheitern einer Einigung über die Übernahme von in einer Gaststätte nach Ende eines Pachtvertrages zurückgelassener Gegenstände in Anwendung von § 154 Abs. 1 BGB.

3. Kündigt der Vermieter das Vertragsverhältnis ohne ausreichenden Kündigungsgrund, so ist er dem Vertragsgegner aus positiver Vertragsverletzung zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Zu ersatzfähigen Schaden können in solchen Fällen auch die Kosten einer Rechtsberatung zur Abwehr der unwirksamen Kündigung gehören.

 

Normenkette

BGB §§ 154, 276; ZPO a.F. §§ 527-528; ZPO n.F. §§ 530-531

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 13 O 6410/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München II, 13. Zivilkammer, vom 2.5.2001 wie folgt geändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 60.784,71 DM (= 31.078,73 Euro) nebst 4 % Zinsen hieraus p.a. seit 4.8.1999 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des ersten Rechtszuges.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 87.000 DM (= 44.482,39 Euro) abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die klagende Verpächterin verlangt von der beklagten vormaligen Pächterin nach Beendigung des Pachtverhältnisses über eine Gaststätte Zahlung gemäß ihrer verschiedene Einzelpositionen umfassenden Schlussrechnung.

I. Mit Pacht- und Bierlieferungsvertrag vom 3.7.1997 (Anl. K 1 zu Bl. 3/19 d.A.) verpachtete die Klägerin an die Beklagte die Gaststätte „A.-St.” in F., Sch.-Straße 8.

Nach Nr. 4.7 des Pachtvertrages konnten aus Ablösezahlungen, die an den Vorpächter geleistet wurden, keine Rechte gegen den Verpächter oder einen Nachpächter geltend gemacht werden. Vom Pächter eingebrachte Gegenstände unterlagen dem Verpächterpfandrecht und hafteten neben der Kaution. Wurde vom Verpächter das gesetzliche Verpächterpfandrecht geltend gemacht, war der Pächter nicht mehr berechtigt, die von ihm eingebrachten Gegenstände aus dem Pachtobjekt zu entfernen (Nr. 7.5 des Pachtvertrages). Die in Nr. 8 des Pachtvertrags genannte Inventarliste wurde am 23.5.1997 unterzeichnet. Die Gaststätte war zusätzlich mit Gegenständen ausgestattet, welche die Beklagte vom Vorpächter abgelöst hatte.

Es kam zu Pachtrückständen. Am 11.3.1998 fand eine Besprechung statt. Mit Schreiben vom 25.3.1998 (Anl. K 23 zu Bl. 36/47 d.A.) übersandte die Klägerin der Beklagten den mit „Schuldanerkenntnis und Ratenzahlungsvereinbarung” überschriebenen Entwurf mit der Bitte um Unterzeichnung und Rückgabe. Ein von der Klägerin gegengezeichnetes Exemplar sollte danach der Beklagten wieder zugesandt werden. Die Beklagte sandte das Schuldanerkenntnis erst Mitte April 1998 unterzeichnet zurück. Bei der Klägerin ging es laut Eingangsstempel auf der von ihr vorgelegten Fotokopie am 15.4.1998 ein (möglicherweise auch als 16.4.1998 zu lesen, Anl. K 6 zu Bl. 3/19 d.A). Die Klägerin unterzeichnete es ihrerseits und sandte ein Exemplar an die Beklagte zurück.

Mit Schreiben vom 16.4.1998 (Anl. zu Bl. 25/34 d.A.) teilte die Klägerin der Beklagten mit, per 15.4.1998 bestünden 25.742,37 DM Pachtrückstände, und kündigte das Pachtverhältnis außerordentlich (streitig ist, ob die Klägerin das Schuldanerkenntnis vom 15.4.1998 vor oder nach der Kündigungserklärung vom 16.4.1998 unterzeichnet hat). Mit Schreiben vom 22.4.1998 (Anl. zu Bl. 25/34 d.A.) zeigten die Rechtsanwälte der Beklagten die Vertretung der Beklagten an, widersprachen der Kündigung vom 16.4.1998 und verwiesen dazu auf Schuldanerkenntnis und Ratenzahlungsvereinbarung vom 15.4.1998. Mit Schreiben der Klägerin vom 29.4.1998 (Anl. zu Bl. 25/34 d.A.) wurde die Kündigung vom 16.4.1998 „zurückgenommen”. Mit Schreiben vom 19.5.1998 (Bl. 25/34 d.A.) stellten die Rechtsanwälte der Beklagten der Klägerin 1.663,21 DM für ihre Beauftragung entstandene Rechtsanwaltsgebühren in Rechnung.

Die Beklagte entrichtete nach dem Schuldanerkenntnis vom 15.4.1998 Raten i.H.v. insgesamt 3.500 DM. Die Restschuld gemäß Schuldanerkenntnis betrug noch 16.558,36 DM.

Pachtzins wurde von der Beklagten nicht mehr entrichtet. Ab April 1998 betrug der monatliche Pachtzins aufgrund der Erhöhung der Mehrwertsteuer 6.249,80 DM.

Mit Schreiben vom 24.8.1998 (Anl. K 2 zu Bl. 3/19 d.A.) kündigte die Klägerin das Pachtverhältnis außerordentlich, da sich die Beklagte mit Pachtzahlungen von insgesamt 48.407,36 DM im Rückstand befinde. Mit Vereinbarung vom 6./18.11.1998 (Anl. K 3 zu Bl. 3/19 d.A.) wurde die R...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge