Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellung hinsichtlich anwaltlicher Vergütungsansprüche aus einem Vertrag über eine Familien- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Bezieht sich der Versicherungsschutz in der Rechtsschutzversicherung "nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen" (§ 4 Abs. 1 lit. d ARB 1975/2001), so greift dieser Risikoausschluss im Falle von Streitigkeiten aufgrund eines schuldrechtlichen Geschäftsführer-Anstellungsvertrags auch dann, wenn es zu der körperschaftlichen Bestellung als Geschäftsführer gar nicht mehr kommt.

 

Normenkette

ARB 1975/2001 § 4 Abs. 1d, § 26 Abs. 3c

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 11.11.2016; Aktenzeichen 083 O 4080/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.03.2019; Aktenzeichen IV ZR 72/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 11.11.2016, Az. 083 O 4080/15, wie folgt abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Freistellung hinsichtlich anwaltlicher Vergütungsansprüche aus einem unstreitig im Jahr 2001 mit der Beklagten geschlossenen Vertrag über eine Familien- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung für Lohn- und Gehaltsempfänger (vergleiche den Versicherungsschein in Kopie, Anlage K1).

Unstreitig wurde das zwischen dem Kläger und der F. W. GmbH durch "Dienstvertrag" vom 9.5.2013 (Kopie als Anlage OLG 1) geregelte Arbeitsverhältnis durch den am 29.4.2014 zwischen diesen beiden Vertragsparteien vereinbarten "Dienstvertrag" (Anlage K3) rückwirkend zum 1.1.2014 auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt. Laut der Präambel dieses neuen Vertrages war "beabsichtigt, den Arbeitnehmer im Laufe des Geschäftsjahres 2014 in die Geschäftsführung des Arbeitgebers zu berufen" und sollte im Hinblick darauf "bereits jetzt der bestehende Dienstvertrag vom 09.05.2013 einvernehmlich aufgehoben und durch den vorliegenden Geschäftsführerdienstanstellungsvertrag ersetzt werden".

Zu der beabsichtigten Berufung des Klägers in die Geschäftsführung der F. W. GmbH kam es dann jedoch nicht. Vielmehr wurde dem Kläger im Jahre 2015 mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gedroht, und er wurde ferner von unternehmerischen Entscheidungen ausgeschlossen und aus der Geschäftsleitungsrunde ausgeladen. Er beauftragte daraufhin im Juli 2015 die Rechtsanwälte K. M. mit der außergerichtlichen Beratung und Vertretung gegenüber der F. W. GmbH und schloss schließlich mit dieser einen Vertrag über die einvernehmliche Aufhebung seines Beschäftigungsverhältnisses mit Wirkung zum 30.6.2016 (in Kopie Anlage K 11).

Im Übrigen wird für den Sachverhalt auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht Augsburg hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Es nahm an, dass der in den maßgeblichen Versicherungsbedingungen vorgesehene Risikoausschluss (§ 4 Abs. 1 lit. d ARB 1975/2001, s. Anlage K 2) im Streitfall nicht eingreift. Nach dieser Ausschlussklausel bezieht sich der Versicherungsschutz nicht "auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristische Personen".

Das Landgericht Augsburg stützt seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass der am 29.4.2014 vereinbarte "Dienstvertrag" (Anlage K 3) an verschiedenen Stellen zwischen dem Zeitraum vor der ausweislich der Präambel beabsichtigten Berufung des Klägers in die Geschäftsführung und der nachfolgenden Zeit differenziere und dass im Zeitpunkt des Rechtsschutzfalles noch keine Berufung des Klägers zum Geschäftsführer der F. W. GmbH erfolgt sei, sondern der Vertrag immer noch als Arbeitsverhältnis durchgeführt worden sei (vgl. die Gründe unter B. I. 3., Bl. 78 d.A.).

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin der Auffassung ist, dass der Risikoausschluss in § 4 Abs. 1 lit. d ARB 1975/2001 (s. Anlage K 2) vorliegend eingreift.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil des LG Augsburg zum Aktenzeichen 083 O 4080/15 vom 11.11.2016 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt hingegen,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen (Bl. 107 d.A.).

Er hält den Risikoausschluss nicht für einschlägig, weil er zu keiner Zeit Geschäftsführer gewesen sei, dies aber notwendige Voraussetzung des Ausschlusstatbestandes sei (vgl. die Berufungserwiderung vom 26.4.2017, S. 2, Bl. 107 d.A.).

Außerdem macht der Kläger geltend, dass ein "Geschäftsführerdienstanstellungsvertrag" mangels Abschlusskompetenz der Geschäftsführer für einen der organschaftlichen Bestellung vorausgehenden Zeitpunkt gar nicht habe geschlossen werden können, da fü...

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