Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf einer Verbraucherdarlehensvertrages
Leitsatz (amtlich)
Im Geltungsbereich der Verbraucherkredit-RL 2008 verlangt Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes. (Rn. 31)
Normenkette
BGB §§ 355, 492, 495; EGBGB Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 21.02.2022; Aktenzeichen 112 O 1895/21) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 21.2.2022, Az.: 112 O 1895/21, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts Augsburg vom 12.4.2022 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.
Der Kläger erwarb im November 2019 bei der D. GmbH & Co. KG in N. einen Gebrauchtwagen vom Typ BMW M550d xDrive (Fahrzeugidentifikationsnummer: ...), 280 kW, Erstzulassungsdatum 5.9.2016, zu einem Kaufpreis von 40.980,00 EUR brutto.
Hinsichtlich dieses Fahrzeugs war bereits ein Rechtsstreit vor dem Senat anhängig. Der Kläger begehrte gegenüber der Herstellerin des Fahrzeugs Schadensersatz wegen angeblicher Abgasmanipulation. Die entsprechende Klage hatte keinen Erfolg (27 U 2394/21, Beschluss des BGH vom 23.5.2022 - VIa ZR 553/21).
Zur Finanzierung des über eine Anzahlung von 3.500 EUR hinausgehenden Kaufpreises schlossen die Parteien am 12.11.2019 einen Darlehensvertrag über 41.602,36 EUR. Das Darlehen sollte in 59 Monatsraten zu je 400,04 EUR und einer Schlussrate von 18.000,00 EUR am 15.11.2024 zurückgezahlt werden.
Die S. 15 des Vertrages enthält unter Ziffer 3.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen folgende Angabe über die Verzugsfolgen:
"Kommt der Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer mit Zahlungen in Verzug werden Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr berechnet."
Die im Darlehensvertrag enthaltene Widerrufsinformation enthält unter den Widerrufsfolgen folgende Angaben:
"Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, haben Sie es spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 3,03 Euro zu zahlen. ..."
Das Darlehen wurde vollständig an den KFZ-Händler ausbezahlt.
Mit Schreiben vom 18.5.2020 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.6.2020 verlangte der Kläger von der Beklagten die Rückabwicklung des Vertrags und bot ihr die Übergabe des finanzierten Fahrzeugs an.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
I. festzustellen, dass die Klagepartei (primär: wegen des erklärten Widerrufs vom 18.5.2020) nicht zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen gemäß Darlehensantrag vom 12.11.2019 (Antragsnummer. ..., Nettodarlehensbetrag in Höhe von 37.480,00 EUR, Anzahlung in Höhe von 3.500,00 EUR) verpflichtet ist;
II. hilfsweise hinsichtlich des Hauptantrags zu I.:
festzustellen, dass die Klagepartei wegen des erklärten Widerrufs vom 18.05.2020 nicht zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen gemäß Darlehensantrag vom 12.11.2019 (Antragsnummer. ..., Nettodarlehensbetrag in Höhe von 37.480,00 EUR, Anzahlung in Höhe von 3.500,00 EUR) verpflichtet ist.
III. hilfs-hilfsweise hinsichtlich der Anträge zu I. und II.:
festzustellen, dass die Klagepartei nicht zur Zahlung von Zinsen und zur Erbringung von Tilgungsleistungen auf den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 12.11.2019 (Antragsnummer. ..., Nettodarlehensbetrag in Höhe von 37.480,00 EUR, Anzahlung in Höhe von 3.500,00 EUR) verpflichtet ist.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen sowie hilfsweise für den Fall des Obsiegens der Klagepartei,
festzustellen, dass die Klagepartei verpflichtet ist, jeden über den vorstehend bezifferten Wertverlust hinausgehenden Wertverlust des BMW M550d mit der Fahrgestellnummer ... sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs zu ersetzen.
Der Kläger hat beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und am 21.2.2022 folgendes Urteil verkündet:
1. Es wird festgestellt, dass die Klagepartei nicht zur Z...