Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung eines Mietvertrages über eine Diskothek wegen vertragswidrigen Gebrauchs durch Änderung des Verwendungszwecks der Mietsache und durch Lärmstörungen und wegen ehrverletzender Behauptungen des Mieters im Rahmen eines Rechtsstreits; Erfordernis einer Abmahnung und Verfristung einer Kündigung aus wichtigem Grund; Zurückbehaltungsrecht des Mieters hinsichtlich der Mietzahlung wegen unterlassener Ausweisung von Mehrwertsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eigenmächtige Änderungen des Verwendungszwecks der gemieteten Sache braucht der Vermieter grundsätzlich nicht hinzunehmen. Ob und inwieweit der Mieter mit einer Änderung des Verwendungszwecks gegen den Vertrag verstößt, ist im Einzelfall nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu beurteilen. Auszugehen ist von der Vereinbarung des Verwendungszwecks im Mietvertrag (hier: Vermietung zum Betrieb einer Diskothek).

2. Zur Einhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs einer Mietsache (hier: Gaststätte) gehört es, daß der Mieter Lärmbelästigungen unterläßt, die sich vermeiden lassen. Der Mieter ist grundsätzlich auch für Störungen durch von ihm aufgenommene Personen oder Besucher verantwortlich.

3. Zur Frage, ob Vermieter und Hausbewohner den von einer Diskothek ausgehenden Lärm und Störungen durch Besucher hinnehmen müssen.

4. An die Gründe der Kündigung eines Mietverhältnisses aus wichtigem Grund sind strenge Anforderungen zu stellen. Einer solchen Kündigung muß grundsätzlich keine Abmahnung vorausgehen. Im Einzelfall können aber die Kündigungsgründe ein besonderes Gewicht erhalten (und würde die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar), wenn sie trotz Abmahnung fortgesetzt würden.

5. Eine außerordentliche Kündigung gemäß BGB § 554a ist zwar an keine Frist gebunden. Sie darf jedoch nicht unangemessen verzögert werden. Wartet der Betroffene mit der Kündigung zu lange, so folgt aus seinem Verhalten, daß ihm die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zuzumuten ist.

6. Dem Mieter, der vertragsgemäß zur Mehrwertsteuer optiert hat, steht gegenüber dem Anspruch des Vermieters auf Zahlung des Mietzinses ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn der Vermieter keine Rechnung über den geschuldeten Mietzins mit offenem Mehrwertsteuerausweis erteilt.

7. Äußerungen des Mieters zur Rechtsverteidigung in einem Rechtsstreit mit dem Vermieter rechtfertigen keine außerordentliche Kündigung gemäß BGB § 554a, wenn sie im Hinblick auf die konkrete Prozeßsituation zur Rechtswahrung nicht ungeeignet und bei Berücksichtigung der Bedeutung des Mietverhältnisses für die wirtschaftliche Existenz des Mieters nicht unangemessen sind.

 

Normenkette

BGB §§ 273, 535-536, 554a, 626

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 29 O 23699/93)

 

Fundstellen

Dokument-Index HI541764

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