Leitsatz (amtlich)
Keine Erstattung von Abmahnkosten bei Abmahnung nach Erwirken einer sog. "Vorrats-" oder "Schubladenverfügung".
Normenkette
MarkenG § 14 Abs. 6; UWG § 12 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 670, 677, 683 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 31.08.2005; Aktenzeichen 1 HK O 4205/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 31.8.2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren für eine Abmahnung wegen Markenverletzung.
Sie erwirkte am 20.9.2004 wegen Benutzung der Bezeichnung " P. made in M./Germany" beim LG Köln eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung (Anl. MBP 1). Die einstweilige Verfügung wurde zunächst nicht zugestellt, vielmehr wurde der Beklagte vorweg mit Anwaltsschreiben vom 27.9.2004 abgemahnt (Anl. MBP 16). Nachdem sich der Beklagte weigerte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, wurde ihm am 16.10.2004 die einstweilige Verfügung zugestellt. Mit Abschlussschreiben vom 29.10.2004 (Anl. MBP 2) wurde der Beklagte aufgefordert, die einstweilige Verfügung als materiell verbindliche Regelung anzuerkennen.
Mit Klage vom 23.2.2005 machte die Klägerin zunächst die Kosten des Abschlussschreibens (1.179,80 EUR unter Anrechnung einer vorab geleisteten Teilzahlung des Beklagten von 200 EUR) geltend. Nach Klageerweiterung verlangt die Klägerin ferner, sie von den Abmahnkosten i.H.v. 804,50 EUR (gem, Rechnung der klägerischen Prozessbevollmächtigten v. 13.6.2005, Anl. MBP 17) freizustellen.
Mit Endurteil vom 31.8.2005 gab das LG der das Abschlussschreiben betreffenden Zahlungsklage statt, hinsichtlich des klägerseits geltend gemachten Anspruchs auf Freistellung von den Abmahnkosten wies das Erstgericht die Klage ab. Zur Begründung der Klageabweisung führte das LG aus, neben den Anwaltsgebühren für das gerichtliche Verfügungsverfahren sei keine gesonderte Geschäftsgebühr aufgrund der ausgesprochenen Abmahnung vom 27.9.2004 angefallen. Letztere habe lediglich dem Zweck gedient, auf einen möglichen Kostenwiderspruch des Beklagten hin eine für die Klägerin nachteilige Kostenentscheidung nach § 93 ZPO zu vermeiden. Demgemäß sei das Abmahnschreiben vom 27.9.2004 als Teil des Auftrags zur Durchführung des bereits laufenden gerichtlichen Verfahrens anzusehen und daher mit der Kostenfestsetzung im Verfügungsrechtsstreit abgegolten.
Auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil - soweit dem Begehren der Klägerin auf Freistellung von den Abmahnkosten unter Auferlegung eines entsprechenden Anteils an den Verfahrenskosten nicht stattgegeben wurde - richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Ansicht des LG, außergerichtliche Kosten für eine Abmahnung nach Erwirken einer sog. "Vorratsverfügung" seien nicht erstattungsfähig, finde im Gesetz keine Stütze. Die nach Erlass der einstweiligen Verfügung erfolgte Abmahnung sei - wie in erster Instanz unter Beweisantritt vorgetragen - aufgrund eines gesonderten Auftrags der Klägerin an ihre Prozessbevollmächtigten ausgesprochen worden, demgemäß entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht vom Auftrag zur Stellung des Verfügungsantrages bei Gericht umfasst gewesen. Damit habe die Klägerin berechtigterweise dem Kostenrisiko des § 93 ZPO begegnen wollen. Dies habe das LG ebenso verkannt wie die Tatsache, dass für eine Anwendung des § 93 ZPO mangels eines Anerkenntnisses des Beklagten ohnehin kein Raum gewesen sei.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des LG München vom 31.8.2005 - Az.: 1 HK O 4205/05 wird in seinen Ziff. II. und III. geändert.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Forderung i.H.v. 804,50 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 10.11.2004 durch Zahlung an die Kanzlei M., B. & Partner, freizustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Seiner Ansicht nach sei mit der Bezahlung des vom LG zugesprochenen Honorars für das Abschlussschreiben die gesamte außergerichtliche Tätigkeit der Klägervertreter abgegolten. Nachdem die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten aus diesem Grund kein Honorar für die Abmahnung schulde, könne der Beklagte hierfür auch nicht in Anspruch genommen werden. Ohnehin werde bestritten, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dieser ihre Abmahntätigkeit überhaupt in Rechnung gestellt hätten. Die Klägerin habe ihren Anwälten auch nicht den Auftrag erteilt, nach Erwirken der einstweiligen Verfügung weitere Kosten verursachende außergerichtliche Maßnahmen wie die streitgegenständliche Abmahnung zu ergreifen. Jedenfalls sei der geforderte Rechnungsbetrag überhöht. Die Klägerin handle rechtsmissbräuchlich, wenn sie Freistellung von der Zahlung einer Geschäftsgebühr in Höhe einer halben 1,5-Geschäftsgebühr verlange, obwohl ihre Anwälte ihren Gebührenrechnungen vom 29.10.2004 und 22.12.2004 ledigli...