Entscheidungsstichwort (Thema)

Einhaltung der Vollziehungsfrist bei einer einstweiligen Verfügung

 

Normenkette

ZPO § 929 Abs. 2, §§ 936, 253 Abs. 2 Nr. 2; GmbHG § 38 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 01.03.2016; Aktenzeichen 1 HK O 1608/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufungen der Verfügungsbeklagten werden das Urteil des LG Ingolstadt vom 01.03.2016, Az. 1 HK O 1608/15, aufgehoben und die Anträge auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Verfügungskläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Die Verfügungskläger wollen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den beiden Verfügungsbeklagten die Geschäftsführung und Vertretung der K. Industriebeteiligungen GmbH bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die Abberufung der beiden Verfügungsbeklagten aus wichtigem Grund untersagen. Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die einstweilige Verfügung gegen die Verfügungsbeklagten wie beantragt erlassen. Dagegen wenden sich die Verfügungsbeklagten mit ihrer Berufung. Sie sind der Ansicht, es fehle an einer rechtzeitigen Vollziehung i.S. des § 929 Abs. 2 ZPO. Außerdem seien die Verfügungskläger zu 2) und 3) dem Rechtsstreit nicht wirksam beigetreten bzw. allenfalls als Nebenintervenienten. Schließlich fehle der Verfügungsgrund. Der Verfügungsbeklagte zu 1) beantragt mit seiner Berufung, das Urteil des LG München I vom 01.03.2016 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten zu 1) zurückzuweisen. Der Verfügungsbeklagte zu 2) beantragt mit seiner Berufung, das Urteil des LG München I vom 01.03.2016 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten zu 2) zurückzuweisen. Die Verfügungskläger beantragen, die Berufungen zurückweisen.

Den Antrag des Verfügungsklägers zu 1) in seinem Schriftsatz vom 11.05.2016 (Bl. 232 d.A.) hilfsweise für den Fall, dass der Senat die einstweilige Verfügung mangels Vollziehung aufheben sollte, eine mit dem Urteil vom 01.03.2016 inhaltsgleiche einstweilige Verfügung zu erlassen, hat der Verfügungskläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016 mit Zustimmung der Verfügungsbeklagten zurückgenommen. Die Verfügungskläger verteidigen des landgerichtliche Urteil. Eine Vollziehung durch Parteizustellung sei nicht erforderlich. Es sei ausreichend gewesen, dass die Verfügungskläger das Urteil des LG dem Registergericht im Verfahren auf Bestellung eines Notgeschäftsführers übersendet und das LG die Verfügungsbeklagten hierüber informiert habe. Zudem genüge das - im Wege der Selbsthilfe erfolgte - Einladungsschreiben vom 11.03.2016 für die Gesellschafterversammlung vom 21.03.2016.

Ergänzend wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016 und die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.1. Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten hat in der Sache Erfolg. Die Verfügungskläger zu 2) und 3) sind dem Verfahren wirksam beigetreten, so dass die Anträge auf Erlass der einstweiligen Verfügung zulässig waren. Indessen ist die einstweilige Verfügung mangels rechtzeitigen Vollzugs aufzuheben und die Anträge sind zurückzuweisen.

1.1. Die Verfügungskläger zu 2) und zu 3) sind dem Verfahren wirksam beigetreten.

1.1.1. Erforderlich für eine wirksame Parteierweiterung ist grundsätzlich ein Schriftsatz des Altklägers und eine dem § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügende Beitrittserklärung des neuen Klägers, wobei beide Schriftsätze den Beklagten zuzustellen sind (Foerste in Musielak/Voith, ZPO, 13. Aufl, § 263 Rz. 26). Der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigen der Verfügungskläger zu 2) und zu 3) vom 28.10.2015 (Bl. 44 d.A.), genügt den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er wurde auf Verfügung des Vorsitzenden Richters am LG in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2015 (Bl. 40 d.A.) durch Übergabe an die Verfügungsbeklagtenvertreter zugestellt. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten liegt nicht nur eine Nebenintervention vor. Im Schriftsatz vom 28.10.2015 (Bl. 44 d.A.) erklären die Verfügungskläger zu 2) und 3) ausdrücklich ihren Beitritt zum Rechtsstreit "als weitere Antragsteller". Ein Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers zu 1), in dem die Parteierweiterung erklärt worden wäre, fehlt. Jedoch genügt nach Ansicht des Senats vorliegend die in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2015 (Bl. 108 d.A.) mündlich durch den Prozessbevollmächtigten zu Protokoll erklärte Parteierweiterung. Im Grundsatz wird nach § 261 Abs. 2 1. Alt ZPO ein erst im Laufe des Verfahrens erhobener Anspruch dann schon rechtshängig, wenn er in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wird. Dies gilt indessen nicht für die Eintrittserklärung des neuen Klägers, da damit ein neues Prozessrechtsverhältnis begründet wird (so Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl, § 263 Rz. 26; a.A. OLG Jena, OLGR Jena 2001, S. 390f). Für die Parte...

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