Leitsatz (amtlich)
1. Der Geschäftsführer einer GmbH, der persönlich eine Wechselverbindlichkeit für Schulden der GmbH eingeht, ist auch dann Verbraucher i.S.v. § 10 Abs. 2 VerbrkrG, wenn er Alleingesellschafter dieser GmbH ist.
2. Für die Beurteilung der Verbrauchereigenschaft i.S.v. § 10 Abs. 2 VerbrkrG ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Stundungsvereinbarung abzustellen. Daher ist unerheblich, wenn die gestundete Verpflichtung auf einem Vertrag beruht, dem der Geschäftsführer der GmbH noch als Einzelkaufmann zugestimmt hat.
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 19.11.2002; Aktenzeichen 2 HKO 6871/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Vorbehaltsurteil des LG München II vom 19.11.2002 in Ziff. I und II abgeändert.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 29.872,23 Euro nebst 6 % Zinsen hieraus seit dem 1.11.2001 sowie Wechselunkosten i.H.v. 271,47 Euro zu bezahlen. Ihre Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Beklagten zu 2) wird als im Urkundsprozess unstatthaft abgewiesen.
II. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt die Klägerin, die der Klägerin trägt die Beklagte zu 1) zur Hälfte sowie ihre vollen eigenen außergerichtlichen Kosten.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte zu 1) bzw. die Klägerin können die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2) bzw. die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Zahlungsansprüche aus einem am 5.11.2001 zu Protest gegangenen Wechsel samt Wechselunkosten geltend.
Die dem Wechsel zugrunde liegenden Verbindlichkeiten sind gestundete Raten aus einem Vollamortisationsvertrag (Leasingvertrag) zwischen den Parteien vom 21.7./2.8.1999 (Anlage B 1). Die Stundungsvereinbarung datiert vom 12.4.2001 (Anlage B 2).
Die Klägerin handelt mit Fahrgeschäften für Schausteller und ist vorliegend gleichzeitig Leasinggeberin. Der Beklagte zu 2) betrieb bis zum 27.10.1999 ein Schaustellergewerbe (vgl. Anlage K 2) und ist gleichzeitig Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 1), die gleichfalls das Schaustellergewerbe betreibt.
Am 12.5.1999 schloss der Beklagte zu 2) mit der Firma … GmbH einen Vorvertrag zum Erwerb eines Fahrgeschäftes zum Preis von 3.790.000 DM zzgl. Mehrwertsteuer (Anlage K 1). Der diesbezügliche Kaufvertrag kam jedoch zwischen der Beklagten zu 1) und der … Firma GmbH am 15.7.1999 zustande.
Am 21.7./2.8.1999 wurde aus Gründen der Finanzierung ein Vollamortisationsvertrag (Leasingvertrag) zwischen den Parteien geschlossen, in welchem auch der Beklagte als Leasingnehmer ausdrücklich erscheint (Anlage B 1).
Im Zuge einer Stundung für die Leasingraten Dezember 2000 und März 2001 stellte die Klägerin einen Wechsel über 29.872,23 Euro aus, den die Beklagte zu 1), vertreten durch ihren Geschäftsführer, den Beklagten zu 2), annahm; an zweiter Stelle zeichnete der Beklagte zu 2) persönlich.
Die Klägerin nimmt nunmehr beide Beklagten gesamtschuldnerisch aus dem Wechsel in Anspruch, der am 5.11.2001 zu Protest ging.
Die Beklagten sind der Ansicht, dass dem Wechselanspruch die Einrede der Bereicherung entgegenstehe.
Die Beklagte zu 1) habe die Stundungsvereinbarung vom 12.4.2001 (Anlage B 2) nicht unterschrieben, so dass es für sie am Grundgeschäft für die Wechselhingabe fehle. Der Beklagte zu 2) genieße den Schutz des § 10 Abs. 2 VerbrKrG i.V.m. § 134 BGB. Sein hieraus resultierender Herausgabeanspruch bezüglich des verfahrensgegensländlichen Wechsels mache auch einen entspr. Wechselanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) zunichte.
Wegen der weiteren Feststellungen des LG wird auf das angefochtene Urteil vom 19.11.2002 gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das LG hat der Klage mit Vorbehaltsurteil im Wechselprozess vom 19.1.2002 vollumfänglich stattgegeben.
Die Stundungsvereinbarung vom 12.4.2001 (Anlage B 2) sei namens der Beklagten zu 1) durch den Beklagten zu 2) als deren Geschäftsführer angenommen worden. Gleiches gelte für den Wechsel, weshalb die Beklagte zu 1) Zahlung gem. Art. 47 WG schuldet.
Der Beklagte zu 2) hafte als Wechselbürge gem. Art. 47 WG. § 10 VerbrKrG komme nicht zur Anwendung, da der Beklagte zu 2) im maßgeblichen Zeitpunkt, welchen das LG im Abschluss des Vollamortisationsvertrages vom 21.7./2.8.1999 (Anlage B 1) sieht, noch selbst ein einschlägiges Schaustellergewerbe betrieben habe und damit nicht Verbraucher i.S.d. Gesetzes gewesen sei. Die nachträgliche Abmeldung seines Gewerbes am 27.10.1999 führe nicht zum nachträglichen Eintritt der Schutzwirkungen des Verbraucherkreditgesetzes. Der Anspruch auf Wechselkosten und Zinsen ergebe sich aus Art. 48 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WG.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die Aufhebung des...