Entscheidungsstichwort (Thema)
Prospektüberprüfung - Mittelverwendungskontrollvertrages
Normenkette
AVB § 4 Nr. 5; VVG § 152; StGB § 266; ZPO § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 01.10.2013; Aktenzeichen 32 O 16452/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 01.10.2013, Az. 32 O 16452/13, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.964,87 EUR festgesetzt.
Gründe
Von der Abfassung eines Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, weil gegen dieses Urteil gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO unzweifelhaft ein Rechtsmittel nicht zur Verfügung steht. Die Entscheidungsgründe werden gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO in abgekürzter Form abgefasst.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
I. Gegenstand der Klage sind Deckungsansprüche gegen die Beklagten als Versicherer für einen Schadensersatzanspruch gegen deren Versicherungsnehmer, den Wirtschaftsprüfer H. F. Die F. Capital AG legte im März 2003 den F. Zinsfonds auf. Grundlage des Vertriebs war der Verkaufsprospekt vom 11.03.2003. Der Versicherungsnehmer führte die Prospektprüfung durch und übernahm die Mittelverwendungskontrolle. Im Prospekt war auch der Mittelverwendungskontrollvertrag abgedruckt. Die Klägerin erstritt gegen den Versicherungsnehmer ein Urteil (OLG München 5 U 5246/08, Erstinstanz LG München I 35 O 1860/08), mit dem dieser verurteilt wurde, an die Klägerin 2.719,59 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen die Abtretung des weiteren, noch nicht erfüllten Auszahlungsanspruchs auf den Liquidationserlös aus der Beteiligung am ... Zinsfonds vom 19.08.2003 in Höhe von 5.000 EUR zu zahlen. Der mit hiesigem Urteil des Senats ausgeurteilte Betrag entspricht dem von der Klägerin im Insolvenzverfahren AG Rosenheim Akt. z. 601 IN 277/10 (Schuldner: H. F.) - unter Einschluss von Kosten (2.678,80 EUR) und Zinsen (14,93 EUR) geltend gemachten Betrag (2.964,87 EUR). Nach den im Verfahren OLG München 5 U 5246/08 letztinstanzlich getroffenen Feststellungen war haftungsbegründend, dass der Versicherungsnehmer entgegen seiner Verpflichtung nicht überprüft hatte, ob die Konditionen des Fondssonderkontos mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Mittelverwendungskontrollvertrages genannten Kriterien übereinstimmten. Dieser habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Fondsgesellschaft das Fondssonderkonto ordnungsgemäß einrichtete. Bei ordnungsgemäßer Überprüfung hätte er durch Nachfrage bei der Bank feststellen können, dass die geschäftsführenden Gesellschafter zu dritt für dieses Konto zeichnungsbefugt waren, sie mithin nicht nur gemeinsam mit dem Versicherungsnehmer über dieses Konto verfügen durften. Der Versicherungsnehmer sei daher verpflichtet gewesen, den sich neu am Fonds beteiligenden Anlegern mitzuteilen, dass die prospektwerbend herausgestellte Mittelverwendungskontrolle bislang nicht stattgefunden hatte. Er hätte daher entweder auf eine Änderung des Prospekts drängen oder die potentiellen Anleger in geeigneter Weise, ggf. durch eine Nachricht an die Fachpresse unterrichten müssen. Auch wenn der Versicherungsnehmer nur fahrlässig gehandelt haben sollte, hafte er. Die Kausalität der unterlassenen Offenlegung für die hier schadensursächliche Anlageentscheidung wurde bejaht. Mit Urteil der 4. Strafkammer des LG München I vom 18.10.2010 (4 KLs 314 Js 34413/07, Anlage K 14) wurde der Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit der nicht ordnungsgemäß durchgeführten Mittelverwendungskontrolle wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten mit Bewährung verurteilt.
II. Zwischen den Parteien ist allein streitig, ob sich die Beklagten gemäß § 4 Nr. 5 AVB - RSW, wónach der Deckungsanspruch ausgeschlossen ist, wenn der Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer auf dessen wissentlicher Pflichtverletzung beruht, auf Leistungsfreiheit berufen können.
1) Soweit die Klagepartei geltend macht, § 4 Nr. 5 AVB - RSW sei nicht wirksam in den Versicherungsvertrag einbezogen worden sei, stellt der Senat fest, dass sich aus dem Schreiben der Beklagten zu 1) vom 28.01.2004 an den Versicherungsnehmer ergibt, dass diesem die Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen (AVB-RSW) übersandt und der Versicherungsnehmer in Fettdruck darauf hingewiesen wurde, dass Abweichungen vom Antrag oder von bisher getroffenen Vereinbarungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats widerspricht. Der Senat geht vom Zugang dieses Schreibens und dem Unterbleiben eines Widerspruchs des Versicherungsnehmers aus.
2) Entgegen der Auffassung der Klagepartei ist der in § 4 Nr. 5 AVB - RSW vorgesehene Haftungsausschluss auch wirksam, obwohl er weiter geht ...