Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsfreiheit des Berufshaftpflichtversicherers: Wissentlichkeit des Pflichtverstoßes
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Ausschluss der Leistungspflicht des Versicherers bei wissentlichen Pflichtverletzungen eines Wirtschaftsprüfers als Mittelverwendungskontrolleur einer Fondsgesellschaft.
2. Keine "Aufspaltung" der Wissentlichkeit des Versicherungsnehmers bei aufeinanderfolgenden verschiedenen Pflichtverstößen.
Normenkette
VermSchWiBerAVB § 4 Nr. 5
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 31.08.2012; Aktenzeichen 9 O 301/11) |
BGH (Aktenzeichen IV ZR 118/14 (anhängig)) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 31.8.2012 verkündete Urteil des LG Wiesbaden wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Bei dem erkennenden Senat sind derzeit über 60 Berufungsverfahren anhängig, in denen Anleger - darunter auch der Kläger - die Beklagten als Berufshaftpflichtversicherer des Wirtschaftsprüfers A auf Versicherungsleistungen wegen einer fehlgeschlagenen Beteiligung an der B. GbR in Anspruch nehmen. Sie berufen sich auf eine Pflichtverletzung des Wirtschaftsprüfers in seiner Rolle als Mittelverwendungskontrolleur der Fondsgesellschaft.
Ausweislich des Versicherungsscheins vom 19.4.1982 mit mehreren Nachträgen (Anlage B 1 im Anlageband) gewährte eine Versicherungsgemeinschaft dem Wirtschaftsprüfer A Berufshaftpflichtversicherungsschutz wegen Vermögensschäden. Laut Nachtrag vom 28.1.2004 sind die AVB-RSW (Stand 2003) Vertragsbestandteil. Die Haftung sollte zu den im Versicherungsschein genannten prozentualen Anteilen auf die beteiligten Versicherungsgesellschaften verteilt werden. Aufgrund verschiedener Fusionen änderte sich in der Folgezeit die Zusammensetzung der Versicherungsgemeinschaft, so dass von den ursprünglichen sieben Versicherungsgesellschaften nur noch die Beklagten zu 2. - 5. verblieben. Die Beklagte zu 1. trat nach außen als mit der Verwaltung des Versicherungsverhältnisses und Betreuung des Versicherungsnehmers beauftragte Stelle der Beklagten zu 2. - 5. auf.
Der Kläger beteiligte sich im Juni 2004 mit einer Einlage von 40.000 EUR zu Kapitalanlagezwecken an der inzwischen insolventen B. GbR. Nach dem Emissionsprospekt war vorgesehen, dass zur Absicherung der Anleger der Wirtschaftsprüfer A die Kontrolle über die zweckgerechte Verwendung der Einlagen übernimmt. Seiner Tätigkeit lag ein Mittelverwendungskontrollvertrag zugrunde, der u.a. die Regelung enthält, dass die Fondsgesellschaft über das Sonderkonto, auf das die Gesellschaftereinlagen gezahlt wurden, nur gemeinsam mit dem Wirtschaftsprüfer verfügen konnte.
Entgegen dieser Regelung wurde bei Eröffnung des Kontos jedoch keine zwingende Mitzeichnung des Wirtschaftsprüfers vorgesehen, so dass drei der geschäftsführenden Gesellschafter des Fonds einzeln zeichnungsbefugt waren, wovon sie bis zur Änderung der Zeichnungsbefugnis im Dezember 2004 auch Gebrauch machten.
Hätte der Kläger von der fehlerhaften Einrichtung des Sonderkontos gewusst, hätte er seine Beteiligungen nicht gezeichnet.
Nach der Insolvenz der Fondsgesellschaft, die sich seit 2005 in Liquidation befindet, nahm der Kläger deshalb zunächst den Wirtschaftsprüfer A klageweise auf Schadenersatz in Anspruch. Das Verfahren wurde jedoch gem. § 240 ZPO unterbrochen, nachdem im September 2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des A eröffnet worden war. Dieser hatte den Beklagten die Schadensfälle schon im Jahr 2006 gemeldet.
Daneben war das Verhalten des Wirtschaftsprüfers A Gegenstand eines Strafverfahrens vor dem LG München, das ihn durch Urteil vom 18.10.2010 wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe verurteilte, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Im Jahr 2010 lehnten die Beklagten gegenüber dem Kläger Deckung des Schadens im Zusammenhang mit der Zeichnung des Fonds ab. Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger diese Ansprüche weiter.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, hat das LG die Klagen in Haupt- und Hilfsanträgen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte zu 1. sei bereits nicht passivlegitimiert, da sie in das Versicherungsverhältnis gar nicht eingeschlossen sei. Bei der Beklagten zu 1. handele es sich vielmehr lediglich um die Verwaltungsstelle der Versicherungsgemeinschaft, die aus den Beklagten zu 2. - 5. bestehe.
Auch die Beklagten zu 2. - 5. hafteten jedoch der Sache nach nicht, weil sie sich gegen ihre Inanspruchnahme im Deckungsverhältnis mit Erfolg auf den Risikoausschluss wegen wissentlich...