Leitsatz (amtlich)
1. Ist in einem Versicherungsvertretervertrag die Anwendung der "Grundsätze Leben" vereinbart worden, umfasst der zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB geltend gemachte Auskunftsanspruch auch dynamische Rentenversicherungen, soweit sie bei Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind.
2. Der Versicherungsvertreter kann nur Auskunft über von ihm selbst vermittelte Verträge verlangen. Soweit für ihn Untervertreter tätig geworden sind, können ihm die von diesen vermittelten Verträge auch dann nicht zugerechnet werden, wenn er diese selbst geworben und geschult hat. Einer solchen Zurechnung steht der Wortlaut der "Grundsätze Leben" entgegen.
Normenkette
BGB § 242; HGB § 92
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 07.08.2008; Aktenzeichen 30 O 23776/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des LG München I vom 7.8.2008 wie folgt abgeändert:
Die Klägerin wird verurteilt, dem Beklagten Auskunft über die genaue Summe der Versicherungssummen solcher dynamischer Lebens- oder Rentenversicherungssummen zu erteilen, die der Beklagte während der gesamten Vertragslaufzeit vom 17.5.1995 bis zum 30.4.2004 selbst vermittelt hat und die bei der Beendigung des Vertretervertrages am 30.4.2004 die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem zwischen ihnen beendeten Vertragsverhältnis. Der Beklagte war für die Klägerin als Versicherungsvermittler tätig. Sie macht gegen den Beklagten die Rückzahlung eines Provisionsvorschusses sowie Prämien aus einer Vertrauensschaden-Versicherung geltend. Der Beklagte macht im Wege der Widerklage Provisions- und Schadensersatzansprüche und im Wege der Stufenklage den Ausgleichsanspruch geltend. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des LG wird Bezug genommen.
Das LG hat durch Teilurteil die Klägerin verurteilt, dem Beklagten Auskunft über die genaue Summe der Versicherungssummen, sämtlicher dynamischer Lebens- oder Rentenversicherungssummen, die der Beklagte oder einer seiner Mitarbeiter - insoweit wird auf die Auflistung im Tenor des Ersturteils verwiesen - während der gesamten Vertragslaufzeit vom 17.5.1995 bis zum 30.4.2004 vermittelt haben, in der aktuellen Höhe zum 30.4.2004 zu erteilen.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Sie macht insbesondere geltend, ein etwaiger Auskunftsanspruch sei verjährt, jedenfalls aber gem. § 89b Abs. 4 Satz 2 HGB ausgeschlossen. Im Übrigen sei der Anspruch durch den bereits erstellten Buchauszug gem. § 362 BGB erfüllt. Der Beklagte habe außerdem für die von ihm vermittelten Lebensversicherungen eine erhöhte Erstprovision erhalten, so dass damit künftige Erhöhungen der Lebensversicherungen bereits abgegolten seien. Weiterhin sei der Ausgleichsanspruch gem. § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt der ausgesprochenen Kündigung für ein Konkurrenzunternehmen tätig geworden. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, der Auskunftsanspruch sei zu weitgehend gefasst. Dem Beklagten stehe insbesondere keine Auskunft über die von seinen Untervertretern vermittelten Versicherungen zu. Auch erfasse der Ausgleichsanspruch nicht die vermittelten Rentenversicherungsverträge, da nach den "Grundsätze Leben", die hier Vertragsbestandteil waren, für den Ausgleichsanspruch nur dynamische Lebensversicherungen zugrunde gelegt werden können und im Übrigen auch nur dann, wenn bei der Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllt werden und sie zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind.
Die Klägerin beantragt das Teilurteil des LG München I vom 7.8.2008 - 30 O 23776/04, aufzuheben und den Widerklageantrag zu 2) abzuweisen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt insbesondere vor, der Auskunftsanspruch sei nicht zu weit gefasst. Ihm stehe auch hinsichtlich der von ihm akquirierten, geschulten und betreuten Mitarbeiter ein Ausgleichsanspruch zu. Da er nach dem zugrunde liegenden Vertrag für diese eine Differenzprovision erhalten habe, sei diese ebenfalls ausgleichspflichtig. Im Übrigen würden die "Grundsätze Leben" gleichfalls für dynamische Rentenversicherungen gelten, da auch bei diesen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen erfolge und zusätzliche Versicherungen des Todesfallrisikos während der Vertragslaufzeit kein geeignetes Kriterium nach dem Sinn und Zweck der Grundsätze sein kann, diese ausgleichsfrei zu stellen. Weiterhin sei der Begriff "Lebensversicherung" als Oberbegriff zu verstehen,...