Entscheidungsstichwort (Thema)
Löschung einer Dienstbarkeit bei fehlendem Rechtsübergang bei Rechtsnachfolge
Leitsatz (amtlich)
1. Es bestehen keine Bedenken dass der Übergang von der berechtigten juristischen Person auf deren Rechtsnachfolger, wie in § 1092 Abs. 2 BGB iVm § 1059a Abs. 2 BGB vorgesehen, nur mit Einwilligung des Grundstückseigentümers möglich sein soll. Der von § 1059a Abs. 1 Nr. 1 BGB vorgesehene Rechtsübergang kraft Gesetzes kann ausdrücklich wirksam ausgeschlossen werden.
2. Ist der Rechtsübergang ausgeschlossen, erlischt die Dienstbarkeit mit der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1090 Abs. 2 iVm § 1061 S. 2 BGB.
3. Durch Vorlage eines beglaubigten Handelsregisterauszugs allein kann der Nachweis des Erlöschens der Dienstbarkeit in der gehörigen Form (§ 29 GBO) nicht geführt werden. Voraussetzung für das Erlöschen ist nicht nur das Erlöschen der eingetragenen Rechtsinhaberin, sondern darüber hinaus die fehlende Einwilligung des Grundstückseigentümers. Daher bleibt es beim Bewilligungserfordernis des § 22 Abs. 1 iVm § 19 GBO.
4. Es besteht keine Verpflichtung des Berechtigten, rechtzeitig den Eigentümer zu informieren und eine Entscheidung darüber herbeizuführen, ob er die Einwilligung für die Übertragung der Dienstbarkeit erteilt. Unterbleibt die Einwilligung - sei es, dass der Berechtigte nicht danach gefragt hat, sei es, dass der Eigentümer sie verweigert hat - erlischt zum Nachteil des Berechtigten bzw. seines Rechtsnachfolgers die Dienstbarkeit.
Normenkette
BGB §§ 547, 812 Abs. 1 S. 2, §§ 1059a, 1061, 1092 Abs. 2; GBO §§ 19, 22, 29; UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 17.10.2017; Aktenzeichen 42 O 1268/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin und Widerbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 17.10.2017 (Az: 42 O 1268/16) abgeändert und zur Klarstellung teilweise neu gefasst wie folgt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 170.403 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4% für den Zeitraum von 29.06.2016 bis 31.07.2016 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2016 zu bezahlen.
2. Die Klägerin/Widerbeklagte wird verurteilt, die Löschung des im Grundbuch des Amtsgerichts Landshut, Grundbuch von B., Band ...16, Blatt ...33, in der zweiten Abteilung zugunsten der S. AG, München, eingetragenen Tonerdebohr-, abbau-, ausbeuterechts zu bewilligen, Zug um Zug gegen Zahlung gemäß obiger Ziffer 1.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts - soweit die Berufung zurückgewiesen wurde - sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
1. Beschluss
Der Streitwert für das Verfahren wird unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts auf 170.403 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über den Fortbestand einer Dienstbarkeit sowie die Rückzahlung der an die Grundstückseigentümerin bezahlten Geldbeträge.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten räumte der S.AG mit notariellem Vertrag vom 11.02.1980 das Recht ein, auf zwei Grundstücken nach Ton jeder Art zu bohren und diesen auszubeuten, und räumte ihr für dieses Recht eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit ein. Am 02.07.2012 ging die S. AG durch Verschmelzung in der Klägerin auf. Ein Abbau der Tonerde ist bislang nicht erfolgt.
Ziffer IV. des Vertrages vom 11.02.1980 lautet: "Die Ausübung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit kann einem anderen nur mit Einwilligung des Grundstückseigentümers überlassen werden. Die Übertragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit nach § 1092 Abs. 2 BGB ist nur mit Einwilligung des Grundstückseigentümers zulässig."
In Ziffer V. ist - neben Regelungen zu Durchfahrt, Rekultivierung u.ä. - bestimmt, dass mit dem Abbau des Tons frühestens am 01.10.1990 begonnen wird.
Ziffer VI. enthält folgende Bestimmung: "Die Firma S.AG hat für die auszubeutende abbauwürdige Tonerde als Entschädigung für die Wertminderung für die abgebauten Flächen den Betrag von 16.000 DM - sechzehntausend Deutsche Mark - für das Tagwerk zu vergüten. Bezahlung erfolgt auf Abruf nach notarieller Beurkundung und Übermittlung dieser Urkunde durch den Notar an die S.AG."
Mit Schreiben vom 19.5.1980 forderte die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine erste Zahlung in Höhe von 20 000 DM an, mit Schreiben vom 18.6.1980 weitere 300 000 DM und mit Schreiben vom 14.07.1980 schließlich eine Abrechnung in Bezug auf die gesamte Abbaufläche in einer Größenordnung von 20,83 Tagwerk. Diese ergab einen Ges...