Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenes Verfolgungsrecht des Patentinhabers trotz Lizenzerteilung
Leitsatz (amtlich)
Erteilt ein Patentinhaber eine ausschließliche Lizenz, die dem Lizenznehmer das Recht gibt, an Dritte mit Zustimmung des Patentinhabers Unterlizenzen zu erteilen und gegen Patentverletzer vorzugehen, so bleibt der Patentinhaber berechtigt, aus eigenem Recht gegen Patentverletzer vorzugehen, insb. gegen Dritte, denen ohne seine Zustimmung eine Unterlizenz erteilt wurde.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 13.02.2003; Aktenzeichen 7 O 3806/02) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG München I, Az.: 7 O 3806/02, vom 13.2.2003 wird zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass in Ziff. I.1. des Tenors der Passus „oder dergleichen herzustellen” entfällt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen behaupteter Patentverletzung geltend.
Der Kläger ist Inhaber des Europäischen Patents EP O 692 942 B1 „Behälter zur Aufnahme von Gegenständen”. Die zugrunde liegende Erfindung wurde am 26.3.1994 zur Eintragung in die Patentrolle angemeldet, die Veröffentlichung erfolgte am 27.12.1996.
Der hier maßgebliche Patentanspruch 1 des Patents lautet wie folgt:
Behälter zur Aufnahme von Gegenständen, insb. Brillenetui oder dergleichen, bestehend aus zwei sich gegenüberliegenden Halbschalen zur Bildung eines Hohlkörpers, die über ein Gelenk miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Halbschalen (1, 2) eine räumliche Kurve bilden und über wenigstens ein Kreuzbandgelenk (18, 19) miteinander verbunden sind, wobei das Kreuzbandgelenk (18, 19) aus gegenläufigen, auf der Halbschalenoberfläche (11, 12) verlaufenden, sich überkreuzenden Gelenkbändern (13, 14 bzw. 13’, 14’) besteht, die ein Abwälzen der Halbschalenoberflächen (11, 12) aufeinander ermöglichen.
Die Beklagte bietet an und lässt herstellen Brillenetuis, die von den zuvor beschriebenen Merkmalen des Patentanspruchs 1 wortlautgemäß Gebrauch machen.
Mit Schreiben vom 25.9.2001 machte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte die Beklagte auf sein Schutzrecht aufmerksam (Anlage K 2) und forderte sie mit Anwaltsschreiben vom 10.1.2002 (Anlage K 4) erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Die Beklagte hat ihrerseits zuvor mit der Fa. D.-GmbH (nachfolgend Fa. D.), am 17.12.2001 den als Anlage K 5 vorgelegten Lizenzvertrag betreffend die Herstellung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Brillenetuis abgeschlossen.
Mit der Fa. D. hatte der Kläger seinerseits am 12.7./16.7.2001 einen Lizenzvertrag (Anlage K 6) abgeschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:
„4. Lizenz
4.1 Der Lizenzgeber erteilt dem Lizenznehmer ein ausschließliches Recht, Vertragserzeugnisse unter Benutzung der Vertragsschutzrechte selbst herzustellen oder in der ‚verlängerten Werkbank’ herstellen zu lassen, Vertragserzeugnisse anzubieten und/oder im Vertragsgebiet einzuführen und dort zu vertreiben. Ausgenommen hiervon sind Vereinbarungen mit der Fa. R., M.
4.2 Unterlizenzen
Der Lizenznehmer ist nur mit Zustimmung des Lizenzgebers berechtigt, Unterlizenzen zu vergeben.
…
9. Verfolgung von Verletzungen
9.1 Der Lizenznehmer ist berechtigt, auf eigene Kosten gegen Verletzer des Vertragsschutzrechtes vorzugehen. … Der Lizenzgeber ist berechtigt, auf eigene Kosten dem Streitverfahren beizutreten. …”
Mit Schreiben der patentanwaltlichen Vertretung der Fa. D. vom 3.12.2001 wurde der Kläger über die Kontakte der Fa. D. zur Beklagten informiert (Anlage B 1). Dieser sprach sodann mit Schreiben vom 21.12.2001 die außerordentliche Kündigung seines Lizenzvertrages mit der Fa. D. zum 31.12.2001 wegen nicht genehmigter Vergabe von Unterlizenzen an Dritte aus (Anlage K 7). Eine Abmahnung war dieser Kündigung nicht vorausgegangen.
Unter dem 1.8.2001 hatte der Kläger ferner eine Lizenzvereinbarung betreffend die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz am Klagepatent mit der Fa. O. betreffend die Länder Frankreich, Italien, Japan und die USA abgeschlossen. In Ziff. 3 dieses Vertrages ist festgehalten, dass die Lizenz auch für Deutschland erteilt werde, sollten die Rechte für Deutschland frei werden (Anlage B 3). Mit Schreiben vom 13.2.2002 teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers der Fa. O. mit, dass sich der Lizenzvertrag vom 1.8.2001 nunmehr auch auf Deutschland erstrecken solle (Anlage B 4).
Unter § 12 des Lizenzvertrages lautet es dort auszugsweise wie folgt:
„1. … Die Lizenznehmerin ist verpflichtet, gegen Patentverletzer vorzugehen, die das Patent in dem ihr lizenzierten Umfang verletzen.
2 … Der Lizenzgeber kann auf Seiten der Lizenznehmerin einem Verletzungsstreit beitreten. …
3. Führt die Lize...