Entscheidungsstichwort (Thema)
Brustzentrum
Leitsatz (amtlich)
1. Die von der Bezeichnung eines Zusammenschlusses von Ärzten zur Behandlung des Mammakarzinoms als "Brustzentrum" angesprochenen Verkehrskreise sind nicht nur potentielle Patientinnen, sondern auch niedergelassene Ärzte, die üblicherweise als sog. "Einweiser" betroffene Frauen an Spezialisten der verschiedenen Fachrichtungen weiterleiten.
2. Der Bedeutungsinhalt des Begriffs "Brustzentrum", der sich derzeit erst ausformt, wird maßgeblich durch diejenigen Kreise näher umrissen, die mit der im Gesundheitswesen gegenwärtig verstärkt beachteten Thematik des Mammakarzinoms befasst sind.
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 01.07.2004; Aktenzeichen 1 HK O 1935/04) |
Tenor
I. Die Berufung der Antragsgegner gegen das Urteil des LG Augsburg vom 1.7.2004 - Az. 1 HK O 1935/04 - wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um die Frage, inwieweit die Bezeichnung einer mit der Behandlung von Brustkrebs befassten ärztlichen Kooperation als "Brustzentrum N." irreführend und daher wettbewerbswidrig sei.
Die Antragsteller betreiben im Raum N. eine radiologische Gemeinschaftspraxis, in der sie u.a. mammographische Untersuchungen durchführen. Sie sind als zertifizierte Praxis für das Bayerische Mammographie Screening anerkannt.
Der Antragsgegner zu 1) ist Chefarzt der gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung der D.-Klinik in D., wo für die Behandlung von Patientinnen mit gynäkologischen Erkrankungen 28 Betten zur Verfügung stehen. Er ist dort u.a. mit Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms befasst und hat im Jahr 2003 in 60 Fällen entsprechende Operationen durchgeführt. Gemeinsam mit dem Antragsgegner zu 2), Mitbetreiber einer internistisch-onko-logischen Praxis in R., hat er sich im Februar 2004 mit weiteren im Raum N. tätigen Ärzten der Fachrichtungen Radiologie, Strahlentherapie, Pathologie, Psychiatrie und Gynäkologie zu einer Kooperation zusammengeschlossen, die nach außen unter der Bezeichnung "Brustzentrum N." auftritt. Die Vereinbarung wurde in ihrer aktuellen Fassung am 22.10.2004 (Anlage AG 28) schriftlich fixiert.
Nachdem die Antragsteller Anfang April 2004 erstmals davon Kenntnis erlangt hatten, dass das "Brustzentrum N." an niedergelassene Ärzte in der Region die Broschüre gem. Anlage ASt. 3 "Leitlinien zur Behandlung des Mammakarzinoms" versendet, haben sie die Antragsgegner mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 7.4.2004 (Anlage ASt. 4) vergeblich abgemahnt. Unter dem 3.5.2004 (Bl. 16 ff. d.A.) haben sie sodann eine (auf §§ 1, 3 UWG a.F. gestützte) Beschlussverfügung des LG erwirkt, wonach den Antragsgegnern bei Meidung von Ordnungsmitteln antragsgemäß verboten worden ist,
a) die Broschüre "Leitlinien zur Behandlung des Mammakarzinoms des Brustzentrums N." einschließlich der dazugehörigen Adressliste an Patienten, Ärzte oder Dritte zu versenden, auszuhändigen oder in vergleichbarer Weise zur Verfügung zu stellen;
b) für die eingegangene Kooperation die Bezeichnung "Brustzentrum N." zu verwenden;
c) die beteiligten radiologischen Praxen als "Institut" zu bezeichnen;
d) die beteiligten Arztpraxen als "Zentren" zu bezeichnen.
Zur Begründung ihres Begehrens nach lit. b) hatten sie im Wesentlichen vorgebracht, die angegriffene Bezeichnung stelle sich als irreführend und daher unlauter dar: Ärzten und Patientinnen als angesprochenem Verkehr werde dadurch fälschlich suggeriert, dass die für die Behandlung des Mammakarzinoms erforderlichen Kernkompetenzen in Gestalt hochqualifizierter Behandler an einem Ort, nämlich dem Sitz der Klinik, gebündelt und aus einer Hand zur Verfügung stünden. Tatsächlich handele es sich bei dem angegriffenen Zusammenschluss jedoch nur um eine - bereits jetzt unter Ärzten übliche - Kooperation verschiedener Beteiligter, welche, an unterschiedlichen Orten, ausnahmslos nur jeweils eine spezifische Leistung anböten. Patientinnen des "Brustzentrums N." müssten daher, wie bislang schon, die jeweiligen Behandler separat und über weite Distanzen hinweg aufzusuchen. Auch wenn der Begriff des "Brustzentrums" gesetzlich noch nicht geschützt sei, habe er sich doch, ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch, in medizinischen Fachkreisen mittlerweile mit dem geschilderten Bedeutungsinhalt etabliert. So müssten ausweislich Anlage ASt. 6 in Nordrhein-Westfalen als dem ersten Bundesland, welches die Einrichtung von Brustzentren in seine Krankenhausplanung aufgenommen habe, sämtliche notwendigen Leistungen, nämlich bildgebende Diagnostik, histologische Untersuchungen, Bestrahlung, Chemotherapie und operative Leistungen in einer Einrichtung - letztere in einer Fallzahl von mindestens 150 Eingriffen jährlich, davon wenigstens 50 pro Operateur - erbracht werden. Lediglich die operativen Leistungen könnten in begründeten Ausnahmefällen auf mehrere Kliniken verteilt werden, wenn an jedem der beteiligten Krankenhäuser 100 Operationen pro Jahr durchgefü...