Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zurechnung des Verhaltens des Kranführers bei einem Krangestellungsvertrag bedarf es einer sorgfältigen Würdigung aller feststellbarer Umstände, um zu ermitteln, welche Absichten die Parteien mit der Vermietung des Krans und der Gestellung des Bedienungspersonals verfolgt und wie sie die rechtliche Abwicklung des Vertragsverhältnisses und die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche geregelt haben.(Rz. 58)
2. Im Verhältnis zwischen Krangesteller und Mieter ist der Kranführer hinsichtlich der Pflicht zur Rückgabe der Mietsache in unbeschädigtem Zustand dann nicht Erfüllungsgehilfe des Mieters gem. § 278 BGB, wenn im Rahmen des Vertragsverhältnisses die Obhut an dem bei der Durchführung von Hebearbeiten beschädigten Kran beim Krangesteller verblieben ist und dieser entscheidenden Einfluss auf die Auswahl und Einrichtung des vermieteten Krans nehmen konnte und genommen hat. Es liegt dann in Bezug auf die Rolle des Kranführers nicht nur ein reiner Dienstverschaffungsvertrag mit der Begründung eines Leiharbeitsverhältnisses vor, bei dem die Verantwortung für eine Schlechtleistung des Kranführers grundsätzlich beim Mieter liegen würde.(Rz. 70)
Normenkette
BGB § 278
Verfahrensgang
LG Memmingen (Urteil vom 14.07.2010; Aktenzeichen 1 HO 496/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Memmingen vom 14.7.2010 - 1H O 496/05, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben je zur Hälfte die Kosten des Berufungsverfahrens und der Streithelfer zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG Memmingen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger zu 1) als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Eigentümerin eines Baukrans und die Klägerin zu 2) als regulierende Maschinenbruchversicherung der Kraneigentümerin streiten (die Klägerin zu 2) aus übergegangenem Recht) um Schadensersatzansprüche aufgrund der Beschädigung des der Beklagten zur Nutzung überlassenen Teleskop-Autokrans nach einem Sturz in die Baustelle, insbesondere über die Frage der Zurechnung eines Verschuldens des Kranführers beim Aufstellen des Krans.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Ersturteil vom 14.7.2010 (Bl. 1051/1063 d.A.) Bezug genommen.
Der Inhalt der streitgegenständlichen vertraglichen Vereinbarungen wurde in Form von schriftlichen Auftragsbestätigungen der Insolvenzschuldnerin dokumentiert (Anlagen K 2a und 2b).
Unstreitig wurden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK) 1998 (Stand 16.5.1999, Anlage K 4) in die Verträge einbezogen.
Im Berufungsverfahren wurde klargestellt, dass der Außendienstbeauftragte und Kransachverständige der Insolvenzschuldnerin, der Zeuge S., der in erster Instanz am 8.2.2006 einvernommen worden war (Bl. 418/419 d.A.), auf der streitgegenständlichen Baustelle für die Insolvenzschuldnerin Kontroll- und Überwachungspflichten über den Kranführer ausübte und diesem - allerdings nicht am Unfalltag - vor Ort Anweisungen zum Aufstellen des Krans abhängig von den jeweiligen Lastanforderungen und Hebelgesetzen gab.
Der Zeuge S. entschied je nach Lastfall, welcher der von der Beklagten angemieteten Kräne für bestimmte Arbeiten auf der Baustelle zum Einsatz kam.
Das LG ist mit der Klagepartei davon ausgegangen, dass es sich bei den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der nunmehrigen Insolvenzschuldnerin und der Beklagten um einen Mietvertrag betreffend den Kran kombiniert mit einem Dienstverschaffungsvertrag hinsichtlich des Kranführers handelt.
Es hat die Klage nach Anhörung zahlreicher Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen.
Ursache des Kranumsturzes sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen C., gewesen, dass der Kranführer den Kran am Unfalltag, dem 14.9.2004, zu nahe an der Baugrubenböschung und noch dazu mit der vorderen linken Abstützung auf einer nach seiner Weisung neu gebildeten, nicht ausreichend tragfähigen Aufschüttung mit nicht besonders verdichtetem Recycling-Material und mit zu gering dimensionierten Lastverteilungsplatten aufgebaut habe.
Der Kranführer sei beim Aufbau des Krans eigenverantwortlich tätig geworden und habe bei der Auswahl des Standplatzes und beim Aufbau des Krans im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien als Erfüllungsgehilfe des Vermieters gehandelt.
Mit ihren Berufungen rügen die Kläger die Rechtsanwendung des Erstgerichts, die ihrer Ansicht nach mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht im Einklang stehe.
Ein Kranführer eines gleislosen Fahrzeugkrans werde stets zum selbständigen Führen der Arbeits...