Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeld wegen HWS-Distorsion, dislozierter Sternumfraktur und Thoraxprellung
Leitsatz (amtlich)
1. Für eine HWS-Distrosion mit dislozierter Sternumfraktur und Thoraxprellung ist bei einer 6-wöchigen Arbeitsunfähigkeit von 100% ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro angemessen.
2. Eine unfallbedingte anschließende Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10% ist als nicht wesentlich anzusehen und wegen der Kompensationsmöglichkeiten nicht ersatzfähig.
Normenkette
BGB §§ 249, 253 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 842
Verfahrensgang
LG Passau (Urteil vom 20.02.2017; Aktenzeichen 4 O 593/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin vom 21.03.2017 wird das Endurteil des LG Passau vom 20.02.2017 abgeändert und wie folgt neugefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 1.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.09.2014 zu zahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 543,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 421,10 EUR seit dem 25.09.2014 sowie aus 122,00 EUR seit dem 19.07.2016 zu zahlen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren immateriellen und materiellen Schäden, die der Klägerin aus dem Verkehrsunfall vom 04.12.2013 gegen 19.40 Uhr auf der Bundesstraße B 132, Abschnitt 2060 - Km 0.600, H., G., Landkreis P., zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 113,38 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.07.2016 zu zahlen.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VI. Von den Kosten des Rechtsstreits (erster Instanz) - ohne diejenigen gerichtlichen Gebühren und Auslagen, die durch das aufgehobene Urteil vom 29.06.2015 verursacht worden sind, - tragen die Klägerin 42% und die Beklagte 58%.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens (Berufung der Klägerin vom 04.08.2015) - ohne die Gerichtskosten - tragen die Klägerin 35% und die Beklagte 65%.
VII. Der Streitwert (bzgl. des Verfahrens erster Instanz) wird für die Zeit bis zum 26.11.2014 auf 5.170,00 EUR, für die Zeit vom 27.11.2014 bis zum 11.07.2016 auf 6.450,40 EUR und für die Zeit danach auf 10.193,33 EUR festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens (Berufung der Klägerin vom 21.03.2017) tragen die Klägerin 73% und die Beklagte 27%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO sowie §§ 540 II, 313 b I 1 ZPO).
B. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, statthaft, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet, und hat in der Sache teilweise Erfolg.
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes i.H.v. 1.000,00 EUR (nebst den o.g. Zinsen). Insgesamt beläuft sich ihr Schmerzensgeld-Anspruch, entgegen dem Ersturteil, nicht nur auf 4.000,00 EUR, sondern auf 5.000,00 EUR. Hiervon abzuziehen waren die von der Beklagten hierauf vorprozessual bzw. während des erstinstanzlichen Verfahrens entrichteten Beträge i.H.v. insg. 4.000,00 EUR.
Der Senat ist aufgrund der Feststellungen des Erstgerichts i.V.m dem Ergebnis der vom Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme, also den Ausführungen der Klägerin im Rahmen ihrer informellen Anhörung in der Sitzung vom 15.12.2017 sowie den Ausführungen des Sachverständigen Dr. R. in derselben Sitzung, davon überzeugt, dass die Klägerin nicht nur aufgrund ihrer bei dem Unfall erlittenen HWS-Distorsion in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert war (insoweit 6 Wochen lang zu 100%, im Anschluss zu 20% bzw. zu 10%), sondern dass sie dies auch aufgrund ihrer bei dem Unfall erlittenen dislozierten Sternumfraktur sowie der Thoraxprellung war, und zwar insoweit vier Monate lang zu 100%. Damit stellen sich die unfallbedingten Beschwerden der Klägerin als erheblicher dar, als noch vom Erstgericht angenommen. Dies rechtfertigt die o.g. Erhöhung des Schmerzensgeldes.
Ein noch höheres Schmerzensgeld, wie von der Klägerin beantragt, ist jedoch, auch im Hinblick auf Vergleichsfälle, nicht angemessen. Soweit das LG Verden mit dem von der Klägerin zitierten Urteil vom 04.04.2003, Az.: 8 O 62/01, ein - mit indexiert 6.234,00 EUR (vgl. Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge 2018, 36. Aufl.) - etwas höheres Schmerzensgeld zugesprochen hatte, ging es um einen Fall, bei dem die dortige Geschädigte weiterhin unter Atemnot und Schmerzen bei Husten und Niesen litt, während die hiesige Klägerin solche unfallbedingte Beschwerden, ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen Dr. R., nach Ablauf von vier Monaten seit dem Unfall n...