Entscheidungsstichwort (Thema)
Ortlieb
Leitsatz (amtlich)
Werden die Kunden bei Eingabe eines mit einer Marke identischen Zeichens in die interne Suchmaschine einer Internethandelsplattform zu Konkurrenzangeboten geleitet, wird die Lotsenfunktion und damit die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt.
Normenkette
MarkenG Art. 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, 7
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 18.08.2015; Aktenzeichen 33 O 22637/14) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 18.08.2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können jeweils die Vollstreckung aus Ziffer I. des landgerichtliehen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 66.600,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten einen Unterlassungs anspruch aus Markenrecht, hilfsweise aus Wettbewerbsrecht, geltend.
Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen, das unter der Marke. Ortlieb" Taschen aus wasserdichtem Material und andere Transportbehälter herstellt. Ihr Geschäftsführer H. O. ist Inhaber der deutschen Wortmarke DE 39518381 "ORTLIEB", angemeldet am 29.04.1995 und eingetragen am 14.11.1995, mit Schutz für die Waren der Klassen 9, 11, 12, 18, 20, 22 und 25.
Die Beklagten sind Tochtergesellschaften der A. mit Sitz in den USA. Die Beklagte zu 1) ist Verkäuferin der auf www.amazon.de mit "Verkauf und Versand durch Amazon" gekennzeichneten Produkte. Die Beklagte zu 2) ist verantwortlich für die Marketplace-Plattform unter www.amazon.de, also Vertragspartnerin der über amazon.de verkaufenden Drittanbieter. Die Beklagte zu 3) ist für den technischen Betrieb der Website amazon. de zuständig.
Die Klägerin arbeitet nicht mit A. zusammen, sondern vermarktet ihre Produkte über ein selektives Vertriebssystem, das für den Internethandel den Vertrieb über einen eigenen Onlineshop vorsieht.
Bei Eingabe des Suchbegriffs "Ortlieb" in das Suchfeld der internen Suchmaschine auf www.amazon.de gelangte der Nutzer zu folgender Bildschirmansicht:
((Abbildung))
Dabei erschien das Zeichen "Ortlieb" in der Suchzeile als Wiedergabe des eingegebenen Suchwortes und in einer Menüleiste am linken Bildschinnrand. Außerdem hieß es unterhalb der Suchzeile 1-16 von 1129 Ergebnissen in "Ortlieb" und darunter, direkt über den Angebotstreffern: Verwandte Suchbegriffe: ortlieb fahrradtasche, ortlieb packsack, ortlieb rucksack.
Unter den Suchergebnissen erschienen dabei auch Angebote von Produkten anderer Hersteller, und zwar sowohl Eigenangebote von Amazon als auch Angebote von Drittanbietern.
Die Klägerin behauptet, sie habe eine exklusive Lizenz zur Nutzung der Marke "ORT LIEB". Sie sei auch vom Markeninhaber beauftragt, gegen rechtsverletzende Benutzungen vorzugehen.
Die Beklagten hätten das Zeichen. Ortlieb" markenmäßig benutzt und zwar im Rahmen einer kommerziellen Kommunikation mit den Besuchern der Webseite www.amazon.de. Es liege eine Benutzung zur Unterscheidung von Waren vor, da mit der Einblendung von konkreten Angeboten in die Ergebnisliste der Amazon-Suchmaschine die Unterscheidung dieser Angebote von anderen Produktangeboten nach Maßgabe des Suchwortes. Ortlieb" bezweckt werde.
Hilfsweise ergebe sich der Unterlassungsanspruch auch aus Wettbewerbsrecht.
Die Beklagten zu 1) und zu 2) meinen, sie seien nicht passivlegitimiert, das die Webseite allein von der Beklagten zu 3) betrieben werde.
Die Beklagten sind weiter der Auffassung, eine Benutzung der Klagemarke im tatsächlichen Sinne liege nicht vor. Die Anzeige von Wettbewerbsprodukten der Klägerin in der Trefferliste zum Suchwort "Ortlieb" sei das Ergebnis eines Algorithmus, der Suchergebnisse nach Relevanz zusammenstelle (Behavior Based Search, BBC). Aufgrund vorangegangenen Nutzerverhaltens versuche Amazon vorherzusehen, welche Treffer für Kunden am relevantesten seien. Die Beklagte zu 3) ziehe lediglich Rückschlüsse aus dem früheren Verhalten ihrer Kunden und zeige insoweit Produkte an, die andere Kunden bei Eingabe des Suchbegriffs interessiert hätten. Sofern im Rahmen der Trefferliste bei Eingabe des Suchbegriffs "Ortlieb" Drittprodukte auftauchten, benutzte die Beklagte zu 3) die Marke nicht, sondern beantworte lediglich die Anfrage des Nutzers. Jedenfalls erfolge die Benutzung nicht markenmäßig.
Die Beklagten sind weiter der Auffassung, die für eine Markenrechtsverletzung erforderliche Verwechslungsgefahr liege nicht vor. Die Verbraucher erwarteten beim Besuch eines Onlineshops abweichende Ergebnisse und würden diese auch er...