Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur persönlichen Haftung eines GmbH-Geschäftsführers nach §§ 823 Abs. 2 BGB; 1, 5 GSB
Leitsatz (amtlich)
1. Der Geschädigte muss die offene Werklohnforderung darlegen und beweisen.
2. Mängel des Werks mindern die Schadenshöhe.
3. Der Konkursverwalter der auftraggebenden GmbH und der Geschädigte kommen als Gesamtgläubiger in Betracht.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 05.03.2004; Aktenzeichen 18 O 7871/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 5.3.2004 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens - an das LG München I zurückverwiesen.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 1.237.521,64 Euro.
Gründe
I. Die Klägerin behauptet aus zwei Bauvorhaben in Döbeln und Görlitz offene Restwerklohnforderungen gegen die insolvente Baugesellschaft A.H. zu Sachsen mbH (künftig: Gemeinschuldnerin) und nimmt u.a. hierfür mit der vorliegenden Klage den Beklagten als deren Geschäftsführer persönlich in Anspruch. Bei beiden Bauvorhaben war die Klägerin Generalunternehmerin.
In diesem Zusammenhang wurde der Beklagte aufgrund seines Geständnisses am 22.6.2004 vom AG München (Az.: 1124 Ls 305 Js 45901/99) strafrechtlich verurteilt (Anlage KB 12). Das Urteil wurde am gleichen Tag rechtskräftig.
Einen Teil der behaupteten Restwerklohnforderung i.H.v. 100.000 DM aus dem Bauvorhaben Döbeln hatte die Klägerin bereits gegen den Beklagten persönlich nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 1, 5 GSB mit Erfolg eingeklagt (OLG München BauR 2002, 1107).
Ebenfalls gestützt auf §§ 823 Abs. 2 BGB, 1, 5 GSB hat das LG ohne Beweisaufnahme der Klägerin 755.608,41 Euro nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Für das Bauvorhaben Döbeln folge die Höhe der offenen Restwerklohnforderung aus dem rechtskräftigen Urteil des LG Leipzig vom 19.3.1999 im Verfahren der Klägerin gegen die Gemeinschuldnerin. Für das Bauvorhaben Görlitz folge die Höhe der offenen Restwerklohnforderung aus dem vom Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin zur Tabelle anerkannten Betrag.
Die Klägerin erstrebt mit ihrer Berufung die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 481.913,23 Euro nebst Zinsen. Der Beklagte will mit seiner Berufung die vollständige Klageabweisung erreichen und beantragt auch die Zurückverweisung an das LG. Beide Parteien treten der Berufung der Gegenseite entgegen.
Der Beklagte bestreitet wie in erster Instanz u.a. die offenen Restwerklohnforderungen der Klägerin, die insoweit darlegungs- und beweisbelastet sei. Überdies stünden der Haftung des Beklagten für eine Restwerklohnforderung jeweils umfangreiche Mängel und Mangelbeseitigungskosten entgegen.
Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, das angefochtene Urteil, die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO) und das Protokoll vom 12.10.2004 samt Senatshinweisen wird Bezug genommen.
II. Auf die zulässige Berufung des Beklagten war die Sache nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO an das LG zurückzuverweisen.
1. Das LG hat verfahrensfehlerhaft die vom Beklagten gerügten Mängel der Leistung der Klägerin als unbeachtlich angesehen. Das LG hätte den Mängelbehauptungen des Beklagten nachgehen und Beweis erheben müssen.
Der gegen den Beklagten persönlich gerichtete Schadenersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 1, 5 GSB richtet sich betragsmäßig nach §§ 249 ff. BGB (Stammkötter, GSB, 2. Aufl. 2003, § 1 Rz. 101). Das hat zur Folge, dass Mängel der erbrachten Leistung den Schaden mindern. In dieser Höhe stünde der Klägerin objektiv wertmäßig kein Werklohn zu, weil sie insoweit nicht die abgerechneten Leistungen erbracht hat und sie auch nicht mehr mit einem tatsächlichen Nachbesserungsrisiko belastet ist (OLG Stuttgart v. 19.5.2004 - 3 U 222/03, OLGReport Stuttgart 2004, 298). Anders als im Fall des OLG Stuttgart kann ihr insoweit kein Schaden durch die Baugeldentfremdung bzw. durch die unterlassene Baubuchführung entstanden sein, zumal es sich im vorliegenden Fall nicht um "Aufrechnung", sondern um "Verrechnung" handeln dürfte (OLG München BauR 2003, 421; v. 17.12.2002 - 9 U 4269/02, NJW-RR 2003, 863; m.w.N.).
Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin selbst hätte nachbessern können oder müssen, oder ob sie die Kosten der Nachbesserung durch Dritte zu tragen gehabt hätte und sogar unabhängig davon, ob die Gemeinschuldnerin sich auf diese Mängel berufen hat und Rechte daraus hergeleitet hat. Dies ist Konsequenz der schadenrechtlichen Grundsätze des Schutzbereichs der Norm, der haftungsausfüllenden Kausalität und der Vorteilsausgleichung (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, vor § 249, insb. Rz. 50, 56, 119, 123; Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl. 2004, § 823 Rz. 58). Der Schadenersatzanspruch in der Hauptsache kann nicht höher sein, als der tatsächliche Wert der geschützten Werklohnforderung (ebenso Stammkötter, GSB, 2. Aufl. 2003, § 1 Rz. 101,...