Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Treuhandkommanditistin eines Filmfonds, über die sich die Anleger als künftige Treugeber beteiligen, bekannt, dass die tatsächliche Verwendung der Fondsmittel für sog. Weichkosten von den Angaben im Emissionsprospekt abweicht, hat sie Anlageinteressenten hierüber zu informieren. Eine solche Abweichung liegt vor, wenn eine Vertriebsgesellschaft eine über die vorgesehene Provision für Eigenkapitalbeschaffung hinausgehende Vergütung erhält, weder aber vertraglich geregelt ist, welche konkreten Gegenleistungen sie hierfür zu erbringen hat, noch sich die zur Rechtfertigung der Mehrzahlungen angeführten sonstigen Leistungen der Vertriebsgesellschaft von der Eigenkapitalbeschaffung deutlich abgrenzen lassen.
2. Es besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anleger sich bei richtiger Aufklärung über die Mittelverwendung gegen die Anlage entschieden hätte. Es obliegt der Treuhandkommanditistin, diese Vermutung für den Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung der Aufklärungspflicht und der Anlageentscheidung zu erschüttern.
3. Ebenso zur Aufklärung von Anlageinteressenten verpflichtet ist die Komplementärin der Fondsgesellschaft. Sie kann gegen ihre Haftung nicht mit Erfolg einwenden, es bestünden zwischen ihr und Anlegern keine vertraglichen Beziehungen.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 19.06.2007; Aktenzeichen 10 O 13178/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG München I vom 19.6.2007 wie folgt abgeändert: Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin aus den Kommanditbeteiligungen an der Cinerenta Gesellschaft für internationale Filmproduktion mbH & Co. Zweite Medienbeteiligungs KG an die Klägerin 18.662,16 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.12.2004 zu zahlen. Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin aus den Kommanditbeteiligungen an der Cinerenta Gesellschaft für internationale Filmproduktion mbH & Co. Zweite Medienbeteiligungs KG an die Klägerin 13.092,54 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.12.2004 zu zahlen. Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) haften bis zu einem Betrag von 13.092,54 EUR gesamtschuldnerisch.
II. Die Berufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich dagegen richtet, dass im Endurteil des LG München I vom 19.6.2007 die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen wurde.
III. Von den Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Beklagte zu 1) 4/10 sowie die Klägerin und die Beklagte zu 3) jeweils 3/10. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2). Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte zu 1) 4/10 und die Beklagte zu 3) 3/10. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 18.662,16 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an dem Filmfonds Cinerenta II geltend. Sie hat am 9.11.1998 eine Kommanditeinlage i.H.v. 25.564,59 EUR zzgl. 5 % Agio gezeichnet, insgesamt mithin 26.842, 82 EUR gezahlt, und in der Folgezeit 8.180,66 EUR zurückerhalten. Die Verwertung der vom Fonds produzierten Filme erbrachte nicht die zur Deckung der Produktionskosten erforderlichen Erlöse. Die Fehlbeträge konnten auch nicht durch die im Fondskonzept vorgesehenen "Erlösausfallversicherungen" ausgeglichen werden; der Hauptversicherer des Fonds, die New England International Surety, leistete keine Zahlungen und ist inzwischen insolvent.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des LG Bezug genommen. Dies gilt allerdings nicht für die Wiedergabe angeblichen Vorbringens der Klagepartei im Tatbestand unter IV. 1., dritter Satz (beginnend mit: "Die im Prospekt dargestellte ...") bis einschließlich siebter Satz (endend mit: "... den Fonds fließen würde."), unter IV. 3. und unter IV. 6., dritter Satz (beginnend mit: "Zudem bestehe der Verdacht ...").
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin insbesondere geltend, dass im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils das Vorbringen der Parteien teilweise unzutreffend wiedergegeben worden sei; das LG habe offenbar über eine andere Klage entschieden. Das LG habe sich zudem mit wesentlichen Anspruchsgrundlagen überhaupt nicht auseinandergesetzt. Dies gelte im Besonderen für den Herausgabeanspruch gegen die Beklagte zu 1) nach § 667 BGB, die Prospekthaftung im engeren Sinne und eine Garantiehaftung der Beklagten zu 1), die Haftung der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB, die Prospekthaftung im weiteren Sinne der Beklagten zu 3) und einem Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Gesellschafts- bzw. Geschäftsführe...