Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Abschlussprüfers: Schadenersatzansprüche einer alleinfinanzierenden Hausbank einer insolventen GmbH wegen der Gewährung weiterer Betriebsmittelkredite aufgrund des Abschlussprüfertestats
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Bank, die als alleinfinanzierende Hausbank einer (insolventen) GmbH (weitere) Betriebsmittelkredite aufgrund eines uneingeschränkten Abschlussprüfertestats für den Jahresabschluss der Gesellschaft gewährt hat, hat gegen den Abschlussprüfer keine vertraglichen Schadenersatzansprüche. Die Hausbank der GmbH ist insbesondere nicht den Schutzbereich des zwischen der GmbH und dem Abschlussprüfer geschlossenen Vertrages über die Pflichtprüfung nach §§ 316 ff. HGB einbezogen. Eine solche Einbeziehung kommt nur dann in Betracht, wenn sich für den Abschlussprüfer hinreichend deutlich ergibt, dass von ihm anlässlich der Pflichtprüfung eine besondere Leistung begehrt wird, von der gegenüber einem Dritten, der auf seine Sachkunde vertraut, Gebrauch gemacht werden soll. Dass der Abschlussprüfer bereit ist, ein so weitgehendes Haftungsrisiko zu übernehmen, kann regelmäßig nicht angenommen werden. An die Annahme einer vertraglichen Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich müssen daher strenge Anforderungen gestellt werden (Anschluss BGH, 2.4.1998 - III ZR 245/96, BGHZ 138, 257 und BGH, 6.4.2006 - III ZR 256/04, BGHZ 167, 155), die hier nicht erfüllt sind (Rz. 18)(Rz. 20)(Rz. 21)(Rz. 24).
2. Der Abschlussprüfer haftet der Hausbank hier auch nicht nach § 826 BGB, denn dieser hat bei der Prüfung nicht leichtfertig bzw. gewissenlos gehandelt. Eine Haftung scheidet auch mangels Vorsatzes der Drittschädigung aus (Rz. 25).
Normenkette
HGB §§ 316, 316 ff., § 323 Abs. 1 S. 3; BGB § 826
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 09.03.2009) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 9.3.2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, die seit dem Jahr 1999 als alleinfinanzierendes Kreditinstitut der B. GmbH Darlehen gewährt hat, begehrt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit der von der Beklagten vorgenommenen Prüfung des Jahresabschlusses der B. GmbH für das Geschäftsjahr 2003/2004. Die Beklagte erteilte am 26.5.2004 ein uneingeschränktes Testat. Im Juni 2004 erhöhte die Klägerin die Betriebsmittelkredite der B. GmbH von ursprünglich EUR 1,55 Mio. auf EUR 4 Mio. Die B. GmbH stellte am 29.10.2004 Insolvenzantrag, mit Beschluss vom 1.1.2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Mit dem angegriffenen Urteil vom 9.3.2009, auf dessen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG München I die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht in den Schutzbereich des Vertrages zwischen der B. GmbH und der Beklagten einbezogen worden. Grundsätzlich könne zwar ein Dritter in den Schutzbereich des Prüfvertrages zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem Abschlussprüfer über eine Pflichtprüfung nach §§ 316 ff. HGB einbezogen werden; die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung dafür aufgestellten strengen Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor. Die Beklagte hafte auch nicht nach § 826 BGB. Auch wenn man unterstelle, dass das Testat der Beklagten hinsichtlich der Bewertung der Patente der B. GmbH fehlerhaft sei, liege darin nach Überzeugung des Gerichts noch kein leichtfertiges und gewissenloses und damit bedingt vorsätzliches Handeln der Prüfenden.
Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin, die ihr Klageziel hinsichtlich eines Teilbetrags von EUR 2,45 Mio. weiterverfolgt. Dieser Schaden sei ihr dadurch entstanden, dass sie auf der Grundlage des fehlerhaften uneingeschränkten Testates der Beklagten die Kreditlinie der B. GmbH um EUR 2,45 Mio. erhöhte. Das Erstgericht habe verkannt, dass die Voraussetzungen für eine vertragliche Dritthaftung der Abschlussprüfung aufgrund des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Verbindung mit dem bestehenden Prüfungsauftrag zugunsten der Klägerin als alleinfinanzierende Hausbank der geprüften Gesellschaft gegeben seien. Die Anwendung der neueren ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil des BGH vom 6.4.2006, BGHZ 167, 155 ff.; Urteil des OLG Bremen vom 30.8.2006 - 1 U 33/04) auf den Fall sei fehlerhaft, da diese Entscheidungen grundlegend andere Sachverhalte betrafen. Das Erstgericht habe ferner verkannt, dass aufgrund der besonderen Vertrauensstellung des Abschlussprüfers bei der Pflichtprüfung die leichtfertige Begehung der schwerwiegenden Pflichtverletzungen sowie der Verstoß gegen die grundlegenden Anforderungen der gewissenhaften Prüfung gem. § 323 Abs. 1 HGB aus...