Leitsatz (amtlich)

Hat die beklagte Partei in einer Unfallsache die Höhe von Reparaturkosten des verunfallten Autos des Gegners in ihrer Klagerwiderung unstreitig gestellt, so ist diese Tatsache vom Gericht als wahr zu unterstellen. Das Gericht kann dann die geltend gemachten Reparaturkosten nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Unschlüssigkeit anzweifeln.

 

Verfahrensgang

AG München (Entscheidung vom 23.10.2008; Aktenzeichen 331 C 11137/08)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung der Klägerin vom 01.12.2008 wird das Endurteil des Amtsgerichts München vom 23.10.2008 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht München zurückverwiesen.

  • 2.

    Die Kostenentscheidung, auch über das Berufungsverfahren, bleibt dem Amtsgericht vorbehalten. Gerichtskosten zweiter Instanz werden nicht erhoben.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1.

Von tatbestandlichen Feststellungen wird abgesehen, §§ 540 II, 313a I ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO. Die statthafte sowie form- und fristgerechte eingelegte und begründete und somit zulässige Berufung hat - jedenfalls vorläufig - Erfolg.

Das angefochtene Urteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Erstgericht unzutreffender Weise davon ausgegangen ist, dass die Unfallversion der Beklagtenseite mangels Bestreitens in einer Replik der Klägerin unstreitig geworden ist. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf die Hinweise des Senatsvorsitzenden vom 11.12.2008 (Bl. 47 d.A.) Bezug genommen.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist weiter darauf hinzuweisen, dass das angefochtene Urteil auch insoweit unzutreffend ist, als es die geltend gemachten Reparaturkosten unter dem Gesichtspunkt der Unschlüssigkeit bezweifelt.

Die Beklagten haben die Höhe der Reparaturkosten in der Klageerwiderung vom 12.06.2008 (S. 3 = Bl. 14 d.A. unter II, 1. Abs. 1. Satz) unstreitig gestellt. Damit gilt:

Eine Tatsache, die von den Parteien übereinstimmend vorgetragen ( LG Berlin NJW 1978, 1061) oder von einer behauptet und von der anderen nicht (wirksam) bestritten (§§ 138 III; 439 III ZPO) oder zugestanden (§ 288 ZPO) wurde, muß vom Gericht als wahr unterstellt werden ( BGH NJW 1981, 1562 [1563]; NJW-RR 1987, 1018 [1019]).

2.

Für das weitere Verfahren wird auf folgendes hingewiesen:

2.

a.

Die Klägerin ist anzuhören oder als Partei nach § 448 ZPO zu vernehmen (vgl. LG Berlin DAR 1991, 151 = VRS 80 [1991] 419 = VerkMitt. 1991 Nr. 15; Lemcke r+s 2007, 471 [472]).

2.

b.

Der Zeuge R.N. ist in mündlicher Verhandlung zu vernehmen, eine - hier nicht erfolgte - Anordnung nach § 377 III 1 ZPO ist angesichts der sich in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig ergebenden Notwendigkeit von Rückfragen (vgl. auch Klägerschriftsatz vom 22.08.2008, Bl. 21/22 d.A.) und ggf. einer Gegenüberstellung mit dem Klägervortrag nicht angezeigt. Gleiches gilt grds. für eine Vernehmung im Rechtshilfeweg (vgl. LG Berlin a.a.O.).

2.

c.

Hinsichtlich des Nutzungsausfalls ist dem Beweisantrag der Klägerin auf Erholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 3 d.A.) nachzukommen, wenn dieser Schadensposten strittig bleiben sollte. Die im Urteil aus dem Beklagtenvortrag übernommene Ansicht, 3 Tage würden für die Reparatur genügen, entbehrt angesichts der detaillierten und nachvollziehbaren Rechnung der autorisierten Mercedes-Benz-Werkstatt vom 09.02.2007 einer tatsächlichen Grundlage, zumal der Richter nicht - eingehend - dargelegt hat, aufgrund welcher eigenen Sachkunde er zur Beurteilung dieser Frage befähigt ist.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine etwaige Reparaturverzögerung durch die Werkstatt der Klägerin nicht schadensmindernd zugerechnet werden kann, da diese nicht das sog. Werkstatt- oder Reparaturrisiko trägt, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 07.07.2006 (10 U 2270/06, veröffentlicht in [...]) eingehend dargelegt hat.

3.

Nebenentscheidungen:

3.

a.

Die Kostenentscheidung war wie im Tenor ausgesprochen dem Erstgericht vorzubehalten. Die Nichterhebung der Gerichtskosten zweiter Instanz beruht auf § 21 I GKG.

3.

b.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

3.

c.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Der Senat hat einen Einzelfall aufgrund anerkannter Rechtsgrundsätze ohne Abweichung von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung entschieden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2580780

ZAP 2009, 1184

VRR 2009, 163

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