Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 64 S. 1 GmbHG: Konten-Verrechnung zu Lasten der Gesellschaft auf Grundlage einer "Cross-Pledge"-Vereinbarung mit der Bank der Gesellschaft und des Geschäftsführers
Leitsatz (amtlich)
Im Falle einer "Cross-Pledge"-Vereinbarung über die wechselseitige Haftung von Konten der Gesellschaft und des Geschäftsführers mit der Bank gelten Kontenverrechnungen in der Krise der Gesellschaft zu deren Lasten auf Grundlage einer solchen Vereinbarung als Zahlungen des Geschäftsführers der Gesellschaft i.S.v. § 64 S. 1 GmbHG, da diese mit seinem Wissen und Willen aufgrund der Besonderheit der Vereinbarung veranlasst sind bzw. er diese hätte verhindern können.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 11.06.2012; Aktenzeichen 15 HK O 22461/10) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 11.6.2012 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Das in Ziff. I. genannte Urteil des LG München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der S. Hausbau GmbH & Co. KG (nachfolgend Insolvenzschuldnerin genannt) vom Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin Rückzahlung eines Betrages, der dem Privatkonto des Beklagten durch Verrechnung seitens der Citibank gutgeschrieben worden ist.
Der Beklagte stellte am 30.3.2009 für die Insolvenzschuldnerin Antrag auf Öffnung des Insolvenzverfahrens, welches durch Beschluss vom 29.7.2010 eröffnet wurde. Der Kläger wurde am 30.4.2009 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und ordnete an, dass sämtliche Verfügungen der Insovenzschuldnerin nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam werden.
Die Insolvenzschuldnerin unterhielt bei der C. Bank AG in Zürich ein US-Dollarkonto mit der Nummer ...50.
Am 14.8.09 wandte sich der Kläger an die C. Bank AG und erbat den Kontostand sowie die Verfügungen innerhalb der letzten drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrags.
Gemäß Kündigungsbestätigung der C. Bank AG vom 3.9.2009 (Anlage K 4) wurde dieses Geschäftskonto mit einem Kontostand von US-Dollar 648.000,- gekündigt und am 4.9.2009 ein Betrag von US-Dollar 181.350,62 sowie US-Dollar 22.887,21 dem Privatkonto des Beklagten mit der Nr. 131748 gutgeschrieben.
Der Kläger begehrt nunmehr die Erstattung dieser beiden Beträge in Euro-Währung zum Wechselkurs vom 4.9.2009, somit 143.055,- Euro.
Grundlage der seitens der C. Bank (Schweiz) vorgenommenen Verrechnung zu Lasten des Geschäftskontos der Insolvenzschuldnerin und zugunsten des Privatkontos des Beklagten war die zwischen der Bank und dem Beklagten für die Insolvenzschuldnerin getroffene Vereinbarung vom 12.3.2002/15.3.2002 über eine Beteiligung des Geschäftskontos der Insolvenzschuldnerin am "Cross-Pledge" (Anlage B 23).
Ziff. 1. und 2. der Vereinbarung lauten wie folgt:
"Der Unterzeichner verpfändet zugunsten der C. Bank, N. A.:
1. Alle Sicherheiten ... und anderes Vermögen, das sich jetzt oder in Zukunft im Besitz der Bank oder der C. Bank befinden ...
Übergabe
Die Bank oder die C. Bank (Switzerland) wird alle verpfändeten Vermögenswerte jetzt und in Zukunft wie ein Pfandnehmer in Besitz halten ...
Das mit dieser Vereinbarung entstehende Pfandrecht sichert sämtliche bestehenden oder künftigen Ansprüche der Bank einschließlich Bürgschaftsrechte, alle Vertrags- und Strafzinsen, Vergütungsansprüche, Abgaben und Kosten gegen den Unterzeichner und (ggf. Name/Adresse und Kontoverbindung des Drittschuldners) die Kontonummern ...74 ...48 ...10
im Rahmen der gegenseitigen Geschäftsbeziehungen ohne Rücksicht auf den Grund (z.B. aktuelles Bankkonto ..."
(vgl. nicht amtliche Übersetzung der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 26.10.2011, dort Seite 3 f. = Bl. 66 f. d.A., die Richtigkeit der Übersetzung wurde vom Kläger nicht bestritten).
Das Erstgericht hat der Klage stattgegeben mit dem Argument der Anfechtbarkeit der Vereinbarung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO sowie wohl auch nach § 133 Abs. 1 InsO.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des LG München I Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten.
Der Beklagte wendet ein, es komme hier allenfalls § 135 InsO a.F. zur Anwendung. Es habe sich vorliegend nicht um die Rückgewähr eigenkapitalersetzender Darlehen gehandelt. Auch liege keine Gläubigerbenachteiligung vor. Es werde bestritten, dass sich die Insolvenzschuldnerin in der Krise befunden habe. Auch die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands nach § 133 Abs. 1 InsO seien nicht erfüllt. Es fehle an der Gläubigerbenachteiligungsabsicht. Zudem stehe dem Beklagte...