Entscheidungsstichwort (Thema)
Psychiatrischer Sachverständiger, Teilversäumnisurteil, Kosten des Berufungsverfahrens, Schriftliches Gutachten, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Überwiegende Wahrscheinlichkeit, Prozeßbevollmächtigter, Haushaltsführungsschaden, Weiteres Schmerzensgeld, Gesamtschuldner, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Aufhebung des Versäumnisurteils, Beschwerde, Eingegangene Schriftsätze, Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall, Auffahrunfall, Zurückweisung der Berufung, Ergebnis der Beweisaufnahme, Primärverletzung
Leitsatz (amtlich)
Zur Problematik psychisch vermittelter Unfallfolgen (PTBS; anhaltende somatoforme Schmerzstörung).
Normenkette
BGB § 249 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Das Teil-Versäumnisurteil des Senats vom 20.05.2021, Az. 24 U 37/20, wird aufrechterhalten.
2. Die Klägerin zu 1) hat auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin zu 1) kann die Vollstreckung durch die Beklagten wegen der Kosten (auch aus dem in Nr. 1 genannten Versäumnisurteil) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Am 02.01.2016 befand sich die Klägerin zu 1) mit ihren beiden damals minderjährigen Kindern, den Klägern zu 2) und 3), im Auto auf dem Weg in den Skiurlaub, als der Beklagte zu 2) auf der A 7 Richtung F. auf Höhe H. auf das am Ende eines Staus stehende klägerische Fahrzeug auffuhr. Bilder des von der Klägerin zu 1) gefahrenen Autos, die dessen Zustand nach dem Auffahrunfall darstellen, finden sich im klägerseits in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen A., das die Beklagten mit der Klageerwiderung als Anlage B 1 eingereicht haben, und in der beigezogenen Ermittlungsakte Tgb.-Nr. BY7573-000005-xxx/x der Autobahnpolizeistation G.
Die Klägerin zu 1) macht geltend, durch diesen Auffahrunfall erhebliche Gesundheitsschäden erlitten zu haben. Zunächst sei es zu einer HWS-Distorsion mit Streckschonhaltung der gesamten Halswirbelsäule sowie Kopf- und Nackenschmerzen gekommen. Ihr Gesundheitszustand habe sich seither immer weiter verschlechtert. Sie leide unter Kopfschmerzen und häufigen Schwindelattacken. Wegen Schmerzen im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule könne sie täglich nur insgesamt drei Stunden gehen, laufen oder sitzen. Sie verbringe etwa 80% ihres Tages liegend und könne wegen der Beschwerden keine Haushaltstätigkeiten ausüben. Eine Berufstätigkeit in einer Kaffeerösterei habe sie nur vom 15.11.2016 bis zum 15.04.2017 in Teilzeit (30 Stunden pro Woche) ausüben können; das Arbeitsverhältnis sei dann beendet worden.
Aufgrund dieses Unfalls machten im erstinstanzlichen Verfahren geltend:
- die Klägerin zu 1): materiellen Schadensersatz in Höhe von 19.098,78 EUR (Heilbehandlungskosten, Haushaltsführungsschaden und entgangener Verdienst, da unfallbedingt eine neue unbefristete Arbeitsstelle mit einem Bruttogehalt von 2.800,00 EUR nicht zum 01.02.2016 habe angetreten werden können; der Fahrzeugschaden wurde außergerichtlich erstattet), Schmerzensgeld in Höhe von nicht weniger als 18.000,00 EUR (über die vorgerichtlich bereits geleisteten 2.000,00 EUR hinaus) sowie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr aus dem streitgegenständlichen Unfall entstehende weitere materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen;
- der Kläger zu 2): Heilbehandlungskosten in Höhe von 2.148,45 EUR (Kosten für die Behandlung zweier Zehenfrakturen, die durch einen infolge des Auffahrunfalls herabgestürzten Laptop entstanden sind), Schmerzensgeld in Höhe von nicht weniger als 7.500,00 EUR (über die vorgerichtlich geleisteten 2.500,00 EUR hinaus) sowie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm aus dem streitgegenständlichen Unfall entstehende weitere materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen;
- der Kläger zu 3): Heilbehandlungskosten in Höhe von 1.357,40 EUR sowie Schmerzensgeld in Höhe von nicht weniger als 1.000,00 EUR.
Nach Beweiserhebung durch Einvernahme zweier Zeugen (in einem Fall durch den ersuchten Richter) sowie Erholung dreier orthopädischer Gutachten der Sachverständigen Dr. W. (je eines betreffend die Klägerin zu 1), den Kläger zu 2) und den Kläger zu 3)) hat das Landgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2019 mit Endurteil vom 22.11.2019 (Bl. 214/228 d.A.), den Klägervertretern zugestellt am 04.12.2019,
- der Klägerin zu 1) einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 1.050,00 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zugesprochen;
- dem Kläger zu 2) nicht erstattete Heilbehandlungskosten in Höhe von 826,11 EUR nebst Zinsen, ein weiteres Schmerzens...