Leitsatz (amtlich)

1. Haben die Parteien eines Prozessfinanzierungsvertrags daneben einen Darlehensvertrag geschlossen, nach dem der Prozessfinanzierer dem anderen Teil im Vorgriff auf die klageweise durchzusetzende Forderung einen Geldbetrag verzinslich zur Verfügung stellt, so kann sich die Reichweite einer nur zum Vertrag über die Prozessfinanzierung geschlossenen Schiedsabrede auch auf Streitigkeiten hinsichtlich der Rückzahlung des Darlehens erstrecken.

2. Dies ist insb. dann anzunehmen, wenn die Parteien die Verträge als wirtschaftliche Einheit bezeichnet und vereinbart haben, dass die Tilgung des Darlehens vorrangig durch Erlöse aus dem finanzierten Prozess bewirkt werden solle.

Auch die mit einer Aufspaltung des Rechtswegs verbundenen Verzögerungen, wie sie insb. durch die Aussetzung eines Verfahrens bis zum Abschluss des anderen entstehen können, legen eine solche weite Auslegung der Schiedsabrede nahe.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 04.05.2004; Aktenzeichen 28 O 22416/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I v. 4.5.2004 aufgehoben.

II. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

III. Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 3) aus einem Darlehensvertrag, die Beklagten zu 1) und 2) aus Schuldbeitrittserklärungen hierzu in Anspruch.

Die Klägerin ist ein Prozessfinanzierungsunternehmen. Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um eine Aktiengesellschaft nach liechtensteinischem Recht mit einer Niederlassung in München, die als Maklerin im Bereich der Gewerbeimmobilien tätig ist. Verwaltungsrätin der Beklagten zu 2) ist neben anderen die Beklagte zu 3). Die Beklagte zu 1) ist die Mutter der Beklagten zu 3).

Die Beklagte zu 2) berühmte sich im Jahre 2000 dreier Ansprüche auf Maklerprovision gegen die Firmen D. GmbH & Co. KG, L. Möbelhandels GmbH & Co. KG und T. GmbH i.H.v. insgesamt etwa 1,9 Mio. DM. Zu deren Durchsetzung trat die Beklagte zu 2) mit Vertrag v. 6.9.2000 diese Ansprüche an die Beklagte zu 3) ab. Diese wiederum schloss mit der Klägerin am selben Tage drei Prozessfinanzierungsverträge zur gerichtlichen Durchsetzung der Maklerprovisionsansprüche. Ebenfalls am 6.9.2000 wurde zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 3) hinsichtlich jedes Prozessfinanzierungsvertrags eine schriftliche Schiedsabrede getroffen. Gleichzeitig schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 3) einen Darlehensvertrag i.H.v. 250.000 DM, wobei die Valuta auf ein Konto der Beklagten zu 1) zu überweisen war. Das mit 5 % jährlich zu verzinsende Darlehen war nach Ziff. 5.) des Vertrags spätestens am 30.6.2002 zur Rückzahlung fällig. Im Darlehensvertrag vereinbarten die Parteien weiter, dass eine Tilgung vorrangig durch den Erlös aus den von der Klägerin zu finanzierenden Prozessen bewirkt werden sollte.

Ziff. 6.) des Darlehensvertrags lautet wie folgt:

"Frau M.C. sowie die C. AG treten der Darlehensschuld der Frau J.C. bei. Über den Beitritt wird eine separate, notarielle Urkunde gefertigt, in der sich beide Parteien der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen."

In der Folge schrieb die Klägerin nach Abschluss des Prozesses gegen die D. GmbH & Co. KG den Beklagten zur Darlehenstilgung 19.635,03 Euro sowie 1.258,53 Euro gut. Während des erstinstanzlichen Verfahrens verrechnete die Klägerin einen weiteren Betrag von 4.869,90 Euro aus dem Rechtsstreit gegen die Firma L. Möbelhandels GmbH & Co. KG auf die Darlehensschuld.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihre Darlehensforderung im verbleibenden Umfang von 102.079,51 Euro fällig sei und den Beklagten Einwendungen nicht zustünden. Die getroffenen Schiedsvereinbarungen beträfen alleine die Prozessfinanzierungsverträge, nicht aber den Darlehensvertrag. Etwaigen aufrechenbaren Forderungen der Beklagten auf Schadensersatz aus den Prozessfinanzierungsverträgen hält die Klägerin die Einrede des Schiedsvertrags entgegen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache i.H.v. Euro 4.869,90 erledigt ist und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin Euro 102.079,51 nebst Zinsen zu bezahlen.

Die Beklagten haben zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit erhoben, darüber hinaus mit Gegenforderungen aufgerechnet, die im Rechtsstreit gegen die T. GmbH dadurch entstanden seien, dass die Klägerin durch Offenlegung des Prozessfinanzierungsvertrags und der damit einhergehenden Abtretungserklärungen einen positiven Ausgang des Prozesses für die Beklagte zu 2) vereitelt habe. Im Übrigen fehle es an der Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs. Der Darlehensvertrag sei im Übrigen mit der Beklagten zu 3) nur zu...

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