Leitsatz (amtlich)
Bei einer dislozierten, instabilen Humeruskopffraktur muss nicht über die Möglichkeit einer konservativen Behandlung aufgeklärt werden.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 16.03.2005; Aktenzeichen 9 O 907/02) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG München I vom 16.3.2005 - 9 O 907/02, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls die Beklagten nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der am 3.3.1963 geborene Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche wegen der seiner Behauptung nach fehlerhaften Behandlung einer Oberarmfraktur geltend.
Die Beklagte zu 1) ist Trägerin des Städtischen Krankenhauses M.-N., die Beklagte zu 2) ist die Witwe und Erbin des verstorbenen Oberarztes Dr. D. R., der den Kläger im Jahr 1991 im Krankenhaus als Privatpatienten behandelte.
Der Kläger erlitt am Montag, den 3.6.1991, bei einem Autounfall in Italien eine subkapitale Oberarmfraktur links. Der Oberarmkopf war disloziert und abgekippt. In einer Klinik in Rimini erfolgte eine Schmerzbehandlung und Ruhigstellung des Armes in einem Stützverband. Sofort anschließend reiste der Kläger nach M.
Um 2.00 Uhr früh am 4.6.1991 stellte der Kläger sich in der Nothilfeversorgung des Städtischen Krankenhauses M.-N. vor. Der behandelnde Arzt beließ den Desault-Verband und vermerkte:
"Weiterer Behandlungsvorschlag:
Wiedervorstellung Di Vormittag, Klärung der Operationsindikation nach Abschwellung des Frakturhämatoms. ..."
Am Morgen des 4.6.1991 machten die Parteien einen Operationstermin für den 6.6.1991 aus.
Am 5.6.1991 unterzeichnete der Kläger ein Aufklärungsformular für eine "geschlossene, evtl. offene Osteosynthese des li Oberarmes". Ein Arzt vermerkte handschriftlich als besondere Risiken "Infektion, Nerven-, Blutgefäßverletzung."
Am 6.6.1991 versorgte Dr. R., der als leitender Oberarzt der Unfallchirurgie an der Klinik tätig war, den Bruch mit einer Spickdrahtosteosynthese. Im Operationsbericht vermerkte er:
"Unter Bildwandler wird axial die Fraktur in beiden Ebenen eingestellt und 5 Steinmann-Nägel 2,5 eingebracht. Zwei Nägel schienen parakolisch, die übrigen sind intraossär, die gesamte Montage ist soweit fest, dass beim Drehen des Oberarmkopfes der Oberarmkopf mitgeht. Verband.
PS: Die Nachbehandlung soll mit Abduktionsschiene für 6 Wochen erfolgen, dann Entfernung der Steinmann-Nägel."
Postoperativ kam es zu einer Dislokation der Bohrdrähte.
Am 8.6.1991 setzte Dr. R. statt der Bohrdrähte eine Kleeblattplatte ein. In der Folge kam es zu einer Infektion der Operationswunde.
Der Kläger hat vorgebracht, der Versuch einer Spickdrahtosteosynthese sei von vorneherein kontraindiziert gewesen.
Nach der Operation vom 6.6.1991 hätte der Arm mittels eines Verbandes fixiert werden müssen. Aufgrund fehlender Fixierung sei es durch unwillkürliche Bewegungen in der Nacht vom 7. auf den 8.6.1991 zu einem Herunterhängen des Armes gekommen, woraufhin die Spickdrähte ausgebrochen seien.
Aufgrund der deshalb erforderlichen Versorgung mit einer Kleeblattplatte sei es zu der Infektion gekommen, die über 9 Monate angedauert habe.
Wegen der Fehlbehandlung leide er an schweren Gebrauchseinschränkungen des linken Armes. Es liege eine Fehlstellung des Humeruskopfes vor.
Wäre der Bruch bei der ersten Operation fachgerecht und unter Wahl der richtigen Operationsmethode versorgt worden, wären sämtliche Komplikationen nicht eingetreten.
Im Übrigen sei er nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden.
Es sei ihm nicht mehr möglich gewesen, seinen Beruf als Heizungsmonteur auszuüben. Dadurch sei ihm ein Schaden von 264.842,23 EUR entstanden.
Der Kläger hat beantragt:
1. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger den Betrag von 264.842,23 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten samtverbindlich verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen materiellen Schaden, den dieser durch die in der Zeit vom 6.6.1991 bis zum Ende des Jahres 1991 in dem Städtischen Krankenhaus M. N. durchgeführte Behandlung seit dem 1.1.1999 erlitten hat und in Zukunft erleiden wird, zu ersetzen.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.
Die Beklagten haben vorgebracht, die perkutane Kirschnerdraht-Spickung sei die Methode der Wahl gewesen. Die unterlassene Ruhigstellung des Armes sei wegen dessen Anschwellens nicht fehlerhaft gewesen.
Das LG hat die Klage mit Endurteil vom 16.3.2005, auf dessen Entscheidungsgründe der Senat Bezug nimmt, nach der Erholung mehrerer schriftlicher Gutachten und der mündlichen Anhörung des Unfallchirurgen Prof. Dr. D. vom Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf abgewiesen.
Im Wege der Berufung verfolgt der Kläger, der am 30.5.2005 ein Privatgutachten des Unfallchirurgen Dr. Klein (Anlage zum ...