Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltskosten, Annahmeverzug, Pkw, Revision, Anerkenntnisurteil, Rechtsmittel, Verzicht, Zahlung, Anerkenntnis, Kostenentscheidung, Anspruch, Zinsen, Nutzungsersatz, Bemessung, Zug um Zug, Sinn und Zweck, unrichtige Sachbehandlung
Verfahrensgang
LG Traunstein (Urteil vom 03.03.2023; Aktenzeichen 6 O 2511/22) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 03.03.2023, Az. 6 O 2511/22, infolge des Anerkenntnisses des Klägers nach § 307 S. 1 ZPO in Ziffer 3 des Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger nur 11.580,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.02.2022, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Kraftfahrzeugs, Marke VW, Typ Caddy mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ...278, zu zahlen. Die insoweit darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.
III. Dieses Urteil sowie das in Ziffer I bezeichnete Urteil des Landgerichts Traunstein sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe
Der Kläger macht gegen die beklagte Automobilherstellerin deliktische Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit dem sog. Diesel- bzw. Abgasskandal geltend.
Er begehrt die Rückabwicklung des Kaufes eines gebraucht erworbenen Pkw, Marke VW, Typ Caddy, Fahrzeug-Identifizierungsnummer ...278 (im Folgenden: Pkw), ausgestattet mit einem Motor des Typs EA 189 (Euro 5), vom 05.04.2014 bei der Autohaus H.KG in M. zu einem Bruttokaufpreis von 20.890 EUR (s. Anlage K 1).
Mit Schreiben vom 18.01.2022 (Anlage K 3) forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte mit Fristsetzung bis zum 01.02.2022 auf, den Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu erklären, an den Kläger 14.666,83 EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw, sowie sich ferner zu verpflichten, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.077 EUR zuzüglich Zinsen freizustellen. Außerdem wurde der Beklagten angeboten, den Pkw nebst Schlüsseln und Papieren beim Kläger abzuholen.
Zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 21.02.2023 betrug der Kilometerstand 130.809 km (s. Anlage K 50).
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO) und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen auf Grundlage von § 826, § 31 BGB verurteilt, an den Kläger 13.692,79 EUR nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw zu zahlen - was über den klägerischen Sachantrag hinausgeht, der nur Zahlung von 13.386,78 EUR beantragt hatte -, sowie Aufwendungen in Höhe von 3.229,07 EUR nebst Zinsen. Außerdem stellte es fest, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Pkw in Annahmeverzug seit 03.02.2022 befinde.
Für die im Rahmen des Vorteilsausgleichs anzurechnenden, durch die Klageseite gezogenen Nutzungen stellt das Landgericht nicht auf den Kilometerstand des Pkw zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 22.02.2023 ab, sondern "unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit" auf den 18.01.2022. Nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 18.01.2022 in Annahmeverzug gesetzt habe, sei für die Nutzungsentschädigung "unter Wertungsgesichtspunkten" dieser Zeitpunkt maßgeblich. Das Landgericht geht im Wege der Schätzung davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Fahrleistung rund 100.000 km betragen habe. Unter Berücksichtigung des Kaufpreises, der gefahrenen Kilometer und einer bei Dieselfahrzeugen zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Vertrags zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 250.000 km ergebe sich eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 7.287,21 EUR, welche von der Schadenersatzforderung in Höhe des Kaufpreises von 20.890 EUR abzuziehen sei.
Der Kläger hatte sich erstinstanzlich aber selbst bereits einen darüber hinausgehenden Nutzungsersatz von 7.503,22 EUR abgezogen.
Gegen das Urteil des Landgerichts richtet sich die mit Schriftsatz vom 23.03.2023 (Bl. 1 f. d. OLGeAkte) eingelegte und mit Schriftsatz vom 03.05.2023 (Bl. 5 ff. d. OLGeAkte) begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts in Ziffer 3 des Tenors abzuändern und zu erkennen wie folgt:
"Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 11.580,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.02.2022, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Caddy mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ...278, zu zahlen."
Die Beklagte beanstandet, dass die Rechtsauffassung des Landgerichts zur Bemessung des Nutzungsersatzes im Rahmen des durchzuführenden Vorteilsausgleichs nicht der Rechtsprechung des BGH entspreche und gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoße....