Verfahrensgang
LG München II (Entscheidung vom 15.11.2011; Aktenzeichen 12 O 1424/11) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Klägerin vom 19.12.2011 wird das Endurteil des LG München II vom 15.11.2011 (Az. 12 O 1424/11) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I.
Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an die Klägerin 6.348,24 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.02.2011 zu bezahlen.
II.
Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,93 € zu bezahlen.
III.
Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtstreits 1. Instanz.
2.
Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Berufungsverfahrens.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B.
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache vollen Erfolg.
I. Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz verneint, weil es mangels eigener Sachkunde in Verkennung der unfallanalytischen Bedeutung der vorhandenen Anknüpfungstatsachen von der Erholung des beantragten Sachverständigengutachtens absah. Der Senat gelangt auf Grund der von ihm wiederholten und ergänzenden Beweisaufnahme zu der Überzeugung, dass sich der Unfall ereignete, als der Beklagte zu 1) während der Vorbeifahrt des Zeugen L. rückwärts fuhr und mit der Anhängerkupplung gegen die rechte Seite des BMW der Klägerin stieß.
1. Der Senat gelangt zu dieser Überzeugung auf Grund des erholten Gutachtens in Verbindung mit den Angaben des Zeugen L.
a) Der Zeuge L. gab in der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2012 u.a. an, er sei an den parkenden Fahrzeugen im Abstand von etwa 1 m vorbeigefahren, als ihm nach etwa 25 m ein Wagen in die Seite "schoß", er sei nicht weggerutscht, während der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner informatorischen Anhörung behauptete, er sei in dem in der Parklücke wegen dem Schneehaufen etwas zurückgesetzt stehenden Pkw gesessen und habe telefoniert, als er es krachen hörte. Letztere Behauptung erwies sich nach Erholung eines Sachverständigengutachtens als falsch.
b) Die Sachverständige, deren herausragende Sachkunde dem Senat bekannt ist, gelangte nach Auswertung der Schadensbilder zu dem Ergebnis, dass die entstandenen Schäden den Schluss auf eine Rückwärtsfahrt des Beklagten zu 1) zulassen, mit dem von den Beklagten behaupteten Abrutschen des Zeugen L. auf Grund Eisglätte und Entlangstreifen an der Anhängerkupplung des stehenden Pkw des Beklagten zu 1) aber nicht zu vereinbaren sind.
Die Streifspur am BMW (roter Abrieb vom Kugelkopf der Anhängerkupplung) zeigt nach hinten einen stark abfallenden Verlauf, zu Beginn der Spur am Kotflügel hinten, wo dieser bauteilbedingt sehr widerstandsfähig ist, findet sich eine erhebliche Eindrückung und damit beim Erstkontakt keine allmähliche Einwirkung. Am Ende der Spur fehlen Hinweise, dass die Fahrzeuge in Berührungskontakt stehen blieben (zu erwartende vertikale Spur beim Ausfederungsvorgang), weshalb davon auszugehen ist, dass es durch das Fahrverhalten zu einer Lösung kam. Der Parkplatz weist im von der Sachverständigen angenommenen Kollisionsbereich witterungsunabhängig keine Unebenheiten/Wölbungen auf, der Parkplatz ist überall ähnlich beschaffen, weshalb es witterungsunabhängig auf den genauen Standpunkt nicht ankommt.
(1) Der Senat geht von einer Witterung und Fahrbahnverhältnissen aus, wie aus den Fotos der zum vorliegenden Unfall etwa zeitgleichen polizeilichen Unfallaufnahme in Dachau - 4,2 km Luftlinie entfernt - ersichtlich (geringe Schneeanhäufungen, feuchte Fahrbahn, im Grünflächenbereich noch vorhandene dünne Schneedecke, vgl. Fotos 58 - 60 der Bildmappe der Sachverständigen vom 16.03.2012 = Bl. 95/96 d.A.). Unter diesen Umständen ist nach den Ausführungen der Sachverständigen, denen der Senat folgt, ein Rutschen schon fahrtechnisch nicht erklärbar. Die Spur fällt 10 cm ab, was durch fahrdynamische Einflüsse des Klägerfahrzeugs nicht erklärbar ist. Der Einwand des Beklagtenvertreters, die von der Sachverständigen im Termin vom 16.03.2012 vorgelegten Fotos über die Beschädigungen am Fahrzeug der Klagepartei würden winterliche Straßenverhältnisse zum Unfallzeitpunkt zeigen, geht fehl, da die Fotos, wie aus der Pflasterung ersichtlich, nicht an der Unfallstelle und auch erst am 05.01.2011 und damit knapp einen Monat nach dem Unfall aufgenommen wurden (Gutachten S. 4 = Bl. 130 d.A.)
(2) Davon unabhängig ist auch bei Annahme der von den Beklagten postulierten "witterungsbedingt reduzierten Haftreibungskräfte" der Schaden am Klägerfahrzeug nicht durch einen seitlichen Aufprall gegen ein stehendes Hindernis infolge Stabilitätsverlust zu erklären. Der gleichmäßige Verlauf der Streifspur am Klägerfahrzeug erforderte einen stabilen Fahrvorgang. Die Eindringtiefe nimmt nach hinten ...