Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche des Arbeitnehmers auf Auskunft und Vergütung wegen einer Diensterfindung
Leitsatz (amtlich)
1. Das für den Risikoabschlag bei der vorläufigen Vergütung maßgebliche Patentversagungsrisiko ist aus der Ex-ante-Perspektive zu beurteilen.
2. Aus der Entscheidung "Schwermetalloxidationskatalysator" des BGH (GRUR 1998, 205) folgt nicht, dass der Arbeitgeber überhaupt keine Vergütung schuldet, wenn die gemeldete Erfindung hinter dem zurückbleibt, was vom Arbeitgeber zum Patent angemeldet wurde.
3. Die Frage, ob neben dem Arbeitnehmer weitere Erfinder an der vom Arbeitgeber zum Patent angemeldeten Erfindung beteiligt waren, ist für den Vergütungsanspruch dem Grunde nach ohne Belang und im Höheverfahren zu klären.
4. Der Vergütungsanspruch besteht für Nutzungen des Arbeitgebers ab dem Zeitpunkt der Mitteilung des Erfindungsgegenstandes und nicht erst ab formeller Meldung (Anschluss an BGH, GRUR 2003, 789 - "Abwasserbehandlung").
Normenkette
ArbnErfG § 2; ArbNErfG § 5 Abs. 1-2, § 6 Abs. 2; ArbnErfG § 9 Abs. 1, § 12; ArbNErfG §§ 13, 16 Abs. 3; BGB §§ 242, 259; GKG §§ 45, 47-48; ZPO § 3
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 18.08.2016; Aktenzeichen 7 O 3299/15) |
Tenor
I. Das Teilurteil des Landgerichts München vom 18.08.2016 (Az.: 7 O 3299/15) wird auf die Anschlussberufung des Klägers in Ziffer I. dahingehend abgeändert, dass es statt "in der Zeit seit dem 29.01.2012" heißt "in der Zeit seit dem 01.12.2007".
II. Im Übrigen wird die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
V. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
und folgenden Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt, wobei auf die Berufung der Beklagten 10.000,- EUR und auf die Anschlussberufung des Klägers 5.000,- EUR entfallen.
Tatbestand
I. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und angemessene Vergütung wegen einer behaupteten Diensterfindung geltend.
Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der A. Deutschland GmbH. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung und Fertigung von großflächigen Flugzeugkomponenten.
Der Kläger ist ausgebildeter Flugzeugbauer. Seine Diplomarbeit erstellte er bei A. in N. im Jahre 2007. In dieser Zeit bestand zwischen ihm und A. ein Diplomanden-Verhältnis aufgrund Vertrags vom 15.10.2007 (Anlage K 1). In Ziffer 8. dieses Vertrags haben die Parteien vereinbart:
"Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge sind unverzüglich zu melden. Sie werden in entsprechender Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen über Arbeitnehmererfindungen behandelt und ggf. entschädigt.
Der Diplomand räumt dem Unternehmen das ausschließliche und umfassende Recht ein, die in der Diplomarbeit angestellten Untersuchungen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse zu nutzen.
..."
Im November 2007 hielt der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Powerpoint-Präsentation (Anlage K 3), welche allen Anwesenden in gedruckter Version ausgehändigt wurde. Im März 2008 gab der Kläger seine Diplomarbeit ab (Anlage K 4), die nicht offen gelegt wurde. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.09.2011 (Anlage K 5) teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit als Diplomand eine Erfindung gemacht habe. In der Folgezeit wurde von der Beklagten eine Patentanmeldung (Anlage K 6) beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht, datierend auf den 09.08.2012 mit der Nr. DE 10 2012 015 666. Die Anmeldung war gegenüber dem von Patentanwalt Dr. R. zunächst erarbeiteten Entwurf (Anlage B 9 mit Begleit-E-Mail vom 22.06.2012 gemäß Anlage B 8) auf Veranlassung des Klägers abgeändert worden. Der Kläger wurde in der Anmeldung als alleiniger Erfinder benannt. Die Anmeldung wurde am 13.02.2014 offen gelegt. Der Hauptanspruch 1 lautete nach Änderungen im Prüfverfahren in der zuletzt begehrten Fassung:
"Verfahren zur Montage von Spanten (22) an einem Hautfeld (16) bei der Herstellung eines Rumpfschalenbauteils für ein Flugzeug,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Hautfeld (16) in einer Montagestation (10) angeordnet wird und in dieser Montagestation (10) eine kombinierte Montage von Spanten (22) und Clips erfolgt, wobei die Montagestation (10) eine Außenbühne (12) mit einem konturgebenden Aufnahmesystem (14) für das Hautfeld (16) und eine Innenbühne (18) mit einem Aufnahmesystem (20) für die Spanten (22) aufweist,
wobei nach einem Aufrüsten der Außenbühne (12) mit dem in Sollkontur gebrachten Hautfeld (16) und der Innenbühne (18) mit den daran gehaltenen Spanten (22) die Innenbühne (18) relativ zu der Außenbühne (12) derart ausgerichtet wird, dass die Spanten (22) in ihrer Soll läg...