Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz, Hauptversammlung, Feststellung, Zustimmung, Berufung, Beteiligung, Antragstellung, Feststellungsklage, Gesellschaft, Klagebefugnis, Feststellungsinteresse, Frist, Ablehnung, Zeitpunkt, Feststellung der Rechtswidrigkeit, Zeitpunkt der Antragstellung, rechtliches Interesse
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 20.12.2018; Aktenzeichen 5 HK O 15236/17) |
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.12.2018, Az. 5 HK O 15236/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu gleichen Teilen.
3. Das Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können eine Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 105% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten mittels Feststellungsklage um die Notwendigkeit der Beteiligung der Hauptversammlung der ... AG - der früheren Beklagten; die jetzige Beklagte ist ihre Rechtsnachfolgerin - an dem Zusammenschluss zwischen dem USamerikanischen Unternehmen ... Inc. und der ... AG.
Die ... AG und ... Inc. verhandelten 2016 über einen Zusammenschluss unter Gleichen mittels eines Aktientausch unter dem Dach einer neuen Holdinggesellschaft. Hierzu wurden bereits 2016 adhoc-Mitteilungen herausgegeben (Anlagen K9 bis K11). Die (jetzige) Bevollmächtigte der Klageseite regte in ihrer Eigenschaft als Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz im Vorfeld der ordentlichen Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2017 an, eine Beteiligung der Aktionäre durch Debatte und Abstimmung im Rahmen der Hauptversammlung durchzuführen. Nach Ablehnung durch die ... AG reichte sie im Namen von insgesamt vier Aktionären, darunter die Klägerin zu 1), am 06.04.2017 einen Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung zu Hauptversammlung am 10.05.2017 ein, mit dem für den Fall des Vorliegens eines BCA zum Zeitpunkt der Hauptversammlung eine Zustimmung hierzu durch die Hauptversammlung, für den Fall, dass ein BCA zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen werde, ein Beschluss dahingehend, dass das BCA unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Zustimmung der Aktionäre stehe, erreicht werden sollte. Die ... AG lehnte den Antrag ab. Sie räumte allerdings im Rahmen der Hauptversammlung der Debatte über den geplanten Zusammenschluss Zeit ein.
Am 01.06.2017 unterzeichneten die ... AG sowie die ... Inc. (sowie weitere beteiligte Unternehmen) ein am 10.08.2017 erweitertes und geändertes Business Combination Agreement (BCA). Zu näheren Einzelheiten des BCA wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, dort S. 7-35, Bezug genommen.
Der Zusammenschluss sollte dergestalt vollzogen werden, dass beide Unternehmen unter dem Dach einer (Groß-)Muttergesellschaft, der ... plc, zusammengeschlossen werden sollten. Die bisherigen Aktionäre der ... Inc. und der ... AG sollten Aktionäre der ... plc werden. Um dies hinsichtlich der Aktionäre der ... AG zu erreichen, bot die ... plc den Aktionären der ... AG im Wege des Tauschs eigene Aktien durch öffentliches Angebot nach dem Wertpapiererwerbs und -übernahmegesetzes (WpÜG) an. Bei Ablauf der (ersten) Annahmefrist am 07.11.2017 hatten 75,7% der außenstehenden Aktionäre das Tauschangebot angenommen; bei Ablauf der Frist nach § 16 Abs. 2 WpÜG am 24.11.2017 betrug die Annahmequote 92,05%.
Ergänzend zum landgerichtlichen Urteil stellt der Senat fest:
Nach Freigabe der Kartellbehörden wurden das Tauschangebot und der Unternehmenszusammenschluss am 31.10.2018 vollzogen. Der Freigabe vorausgegangen war eine kartellbedingte Veräußerung von Unternehmensteilen.
Nach Vollzug des Tauschangebots hielt die ... plc 92,05% der Anteile an der ... AG. Sie übertrug am selben Tag ihre Aktien an der ... AG auf ihre 100%ige Tochter ... Holding GmbH, diese wiederum auf eine eigene 100%ige Tochter (die ... I. Holding AG). Die ... I. Holding AG schloss am 01.11.2018 einen Vertrag mit der ... AG, wonach diese unter Ausschluss der Minderheitsaktionäre gegen Barabfindung auf die ... I. Holding AG verschmolzen werde. Die Hauptversammlung der ... AG stimmte dem Verschmelzungsvertrag am 12.12.2018 zu. Die Verschmelzung wurde am 05.04.2019 in das Handelsregister der ... AG, am 08.04.2019 in das Handelsregister der ... I. Holding AG eingetragen. Die ... I. Holding AG firmiert seit dem 08.04.2019 ihrerseits als ... AG und wurde zwischenzeitlich in eine GmbH umgewandelt. Diese ... GmbH ist die jetzige Beklagte. Ein Spruchverfahren zur Festsetzung der angemessenen Barabfindung ist anhängig (Az. des LG München I: 5 HK O 5321/19).
Die Kläger, die ursprünglich zusammen 11.167 Aktien an der ... AG hielten, sind der Auffassung, das BCA sei unter verschiedenen Gesichtspunkten seitens der Hauptversammlung zustimmungspflichtig. ...