Entscheidungsstichwort (Thema)
Weitergehende Ansprüche bei Fahrzeugschaden
Normenkette
ZPO § 313a Abs. 1 S. 1, § 540 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 29.03.2018; Aktenzeichen 13 O 3787/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin vom 23.04.2018 wird das Endurteil des LG München II vom 29.03.2018 (Az. 13 O 3787/15) in Nr. 1. und 2. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 5.512,10 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 EUR nebst Zinsen aus vorgenannten Beträgen in Höhe von 0,5 Prozent vom 01.01.2015 bis 31.12.2015, in Höhe von 0,2 Prozent vom 01.01.2016 bis 31.12.2016, in Höhe von 0,1 Prozent vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 und in Höhe von 0,3 Prozent ab 01.01.2018 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Gerichtskosten erster Instanz tragen die Klägerin 67% und die Beklagte zu 1) 33%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 1) 66%. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin 34%. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2). Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 33% und die Beklagte zu 1) 67%.
III. Das vorgenannte Urteil des Landgerichts sowie dieses Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
I. Das Landgericht hat zu Unrecht einen weitergehenden Anspruch der Klägerin verneint.
1. Fahrzeugschaden:
Auf Grund des nach dem Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entsprach, 130 Minuten vor dem anberaumten Termin zur Urteilsverkündung per Telefax überhaupt erst eingegangenen Schriftsatzes der Klagepartei vom 29.03.2018, ergibt sich deren Aktivlegitimation für den weiteren Fahrzeugschaden. Die dem Schriftsatz beigefügte Mitteilung der Vollkaskoversicherung, wonach diese von der Klägerin nicht in Anspruch genommen wurde, wurde inhaltlich von der Beklagten nicht bestritten. Danach ergibt sich aber gerade kein Übergang des Ersatzanspruches auf die Vollkaskoversicherung. Nach dem erholten Gutachten zum italienischen Recht, dem der Senat folgt, kann unabhängig von der erfolgten Ersatzbeschaffung auch die Umsatzsteuer aus dem Wiederbeschaffungswert ersetzt verlangt werden, ein Abzug der Umsatzsteuer bei fiktiver Schadensberechnung findet nicht statt. Der Fahrzeugschaden belief sich damit auf 8.691 EUR, abzüglich vorprozessual bezahlter 6.303,50 EUR besteht ein weitergehender Anspruch in Höhe von 2.387,50 EUR.
2. Standkosten:
Das Landgericht hat zutreffend einen Anspruch der Klägerin wegen Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht ab 20.05.2014 verneint. Es bedarf keiner Entscheidung durch den Senat, ob Art. 145 des italienischen Versicherungsgesetzes hier letztlich zur Anwendung kommt. Selbst wenn hier eine Anwendung dieser Norm angenommen würde, wäre ein etwaiger Schadenersatzanspruch wegen eines Verstoßes der Klagepartei gegen ihre Obliegenheit zur Schadensminderung jedenfalls ausgeschlossen. Insoweit nimmt der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vom Senat geteilten Ausführungen des Erstgerichts hierzu im Endurteil (vgl. EU S. 9=Bl. 161f. d.A.) Bezug.
Zwar könnte die Klägerin aufgrund der Vorschrift des Art. 145 des italienischen Versicherungsgesetzes nach italienischem Recht erst nach Ablauf von 90 Tagen ab Übersendung der relevanten Unterlagen an den Haftpflichtversicherer eine Direktklage gegen den Versicherer erheben. Zum einen hat die Klagepartei vorliegend ein Verfahren nach Art. 148 des italienischen Versicherungsgesetzes, welches Art. 145 des italienischen Versicherungsgesetzes explizit voraussetzt, nicht eingeleitet. Zum anderen entbindet dies die Klägerin nicht, die weitere italienische Norm des Art. 1227 II des Codice Civile zu beachten, welcher Ähnlichkeiten zur nach deutschem Recht anerkannten Schadensminderungspflicht des Geschädigten hat.
Das Erstgericht hat sich hierbei intensiv und frei von Rechtsfehlern mit den vom Sachverständigen Prof. Dr. K. in seinem Gutachten niedergelegten Erwägungen (Gutachten S. 17 = Bl. 94 d.A.) auseinandergesetzt. Auch der Senat erachtet den vom Sachverständigen im zitierten Urteil des Giudice di Pace di Bari vom 18.11.2004 niedergelegten Rechtsgedanken für den vorliegenden Rechtsstreit als übertragbar.
Das Schadensgutachten wurde am 09.05.2014 erstellt, die Korrektur erfolgte am 15.05.2014, eine Reparatur kam offensichtlich nicht in Betracht und ein Restwertangebot war unterbreitet. Mit der Besichtigung durch den Sachverständigen in Verbindung mit der erfolgten Schadensdokumentation w...