Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsforderung eines Geschäftsführers aufgrund der Gesellschaft überlassener Erfindung aus Vertrag, ArbEG und § 612 Abs. 2 BGB; Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers einer GmbH & Co. KG bei Verträgen mit einem anderen Geschäftsführer der Komplementär-GmbH
Leitsatz (amtlich)
1. Eine vertragliche Vereinbarung über Erfindervergütungen eines ansonsten alleinvertretungsberechtigen Geschäftsführers einer GmbH & Co. KG mit einem weiteren Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bedarf auch dann der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, wenn der weitere Geschäftsführer mit der Komplementär-GmbH keinen Anstellungsvertrag abgeschlossen hat, jedoch einen Arbeitsvertrag mit der GmbH & Co. KG besitzt.
2. Der mit der GmbH & Co. KG abgeschlossene Arbeitsvertrag verleiht dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH in diesem Fall nicht den Status eines Arbeitnehmers, sodass kein Anspruch nach § 9 ArbEG besteht.
3. Eine Anwendung des § 612 Abs. 2 BGB ist in diesem Fall nicht dadurch ausgeschlossen, dass kein Anstellungsvertrag nach § 611 BGB existiert.
Normenkette
BGB §§ 611-612; ArbEG §§ 1, 9; HGB § 164 Abs. 1; GmbHG § 37 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 27.10.2005; Aktenzeichen 7 O 2371/05) |
Tenor
I. Die Berufungen der Parteien gegen das Teilend- und Grundurteil des LG München I vom 27.10.2005, Az. 7 O 2371/05, werden als unbegründet zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der für die Beweisaufnahme vom 11.1.2007 entstandenen ausscheidbaren Kosten. Diese trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin fordert von der Beklagten Vergütung für Erfindungen, die von dieser als Patent angemeldet wurden und die bei den von dieser produzierten Industrietoren benützt werden. Sie stützt sich hierbei in erster Linie auf die Vereinbarung vom 4.2.2003 (Anlage K 4), die als Vertreter für die Beklagte deren Mitgeschäftsführer G. Re., Vater der Klägerin, unterzeichnet hat. Nach § 2 dieser Vereinbarung steht der Klägerin für ein der Beklagten eingeräumtes (ausschließliches) Nutzungsrecht an ihren Erfindungen eine Vergütung i.H.v. 1,75 % aus den Umsätzen mit Produkten zu, in denen die Erfindung genutzt wird, berechnet nach den Netto-Verkaufspreisen ohne Zubehör und Verpackung
Die Klägerin ist - neben G. Re. und Ch. Se. - Geschäftsführerin der Komplementärin der Beklagten (E. Tor- und Sicherheitssysteme Verwaltungs-GmbH), wobei sie zusammen mit (G. Re. auch 50 % der Gesellschaftsanteile hält und die anderen 50 % von Ch. Se. und dessen Vater M. Se. gehalten werden.
Mit der Beklagten besteht der Arbeitsvertrag der Klägerin vom 12.11.2002 (Anlage K 1), der folgende Regelungen aufweist:
§ 1 Vormerkung
Zwischen den nachstehend bezeichneten Parteien besteht seit 29.10.1990 ein Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag ist im Folgenden in der ab dem 1.1.2002 gültigen Fassung wiedergegeben.
§ 2 ...
§ 3 Tätigkeit und Aufgabengebiet
1. Die Mitarbeiterin ist seit 1.11.1990 bei der Gesellschaft eingestellt. Zur Zeit ist sie als Angestellte mit folgenden Hauptaufgaben betreut:
a) Leiterin der Abteilung IT, Projektleiterin SAP
b) Einführung und laufende Betreuung des SAP-Projekts
Die Gesellschaft ist jedoch berechtigt, ihr auch bei Tochterunternehmen bzw. Beteiligungsunternehmen (auch im Ausland) teilweise eine andere ihrer Ausbildung und Stellung entsprechende Tätigkeit zuzuweisen.
2. Für den Umfang des Aufgabengebietes sind im Übrigen der Organisationsplan und die noch zu erstellende Stellenbeschreibung maßgebend.
3. Die Mitarbeiterin ist dem Geschäftsbereich von Herrn Re. zugeteilt. ...
§ 5 Bezüge
1. Die Mitarbeiterin erhält für ihre Tätigkeit ein jährliches Gehalt von 128.700 EUR, das in zwölf gleichen Raten am Ende eines jeden Monats gezahlt wird.
Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie eventuell zu leistende Überstunden sind mit dem Jahresgehalt abgegolten.
2. Des Weiteren erhält die Mitarbeiterin eine betriebliche Altersversorgung von 1.752 EUR.
3. Eine eventuelle Leistungsprämie bedarf einer jährlichen Sondervereinbarung.
Der frühere, in § 1 dieser Vereinbarung genannte Arbeitsvertrag vom 1.11.1990 (Anlage K 44 zum Schriftsatz Klägervertreter v. 12.10.2006) weist u.a. folgende Regelungen auf:
§ 1
Fräulein Re. tritt am 1.11.1990 als Dipl.-Ing. Maschinenbau in den Dienst der Firma.
Aufgabengebiet: Aufbau innerbetrieblicher Organisation im Geschäftsbereich von Herrn Re. mit Schwerpunkt Produktkalkulation und Zeitwirtschaft. ...
§ 6
Die Vergütung erfolgt in den ersten 3 Tätigkeitsmonaten mit monatlich 3.000 DM brutto. ...
Die Klägerin ist weiter (alleinige) Geschäftsführerin der Fa. E. Inzeniring d.o.o. in Sl, einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der E. Transport- und Lager-Technik GmbH (Geschäftsführer Ch. Se. und G. Re - ...