Leitsatz (amtlich)
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine Klage gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz auf Feststellung, dass ein internationales Geschmacksmuster nach dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unwirksam ist, ist nach Art. 16 Nr. 4 LugÜ gegeben.
2. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine vor dem 1.3.2002 erhobene Klage gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in Österreich auf Feststellung, dass ein internationales Geschmacksmuster nach dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unwirksam ist, ist nach Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ gegeben.
3. § 16 Abs. 3 letzter Halbs. GeschmMG ist auf internationale Geschmacksmuster nach dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle entspr. anwendbar.
Normenkette
LugÜ Art. 16 Nr. 4; EuGVÜ Art. 16 Nr. 4; ZPO § 23; GeschmMG § 16
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 4HK O 18615/01) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des LG München I vom 12.12.2002 – 4HK O 18615/01 – aufgehoben.
Die Klage ist bezüglich beider Beklagter zulässig.
2. Im Übrigen wird die Sache an das LG München I zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.
Gründe
I. Die Klägerinnen haben beim LG München I Klage gegen die Beklagten auf Feststellung erhoben, dass das internationale Geschmacksmuster mit der Registernummer DM/015 147 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unwirksam ist.
Der Beklagte zu 1), der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, ist bei der World Intellectual Property Organization (WIPO) als Inhaber des internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/015 147 mit Priorität vom 8.6.1989 eingetragen (Anlage K 1). Mit Schreiben vom 15.3.1990 gab der Beklagte zu 1) folgende Treuhand-Erklärung (Anlage K 2) ab:
„Der Unterzeichnete
U.E., …,
bestätigt hiermit, dass er die internationale Musteranmeldung Nr. DM/015147 auf Grund der prioritätsbegründenden österreichischen Musterhinterlegung vom 8.6.1989, Nr. 16093 als Treuhänder von Herrn G.K. [= Beklagter zu 2], … vorgenommen hat.
Der Unterzeichnete, U.E., erklärt hiermit für sich und seine Erben, dass Herrn G.K. die alleinigen Eigentumsrechte an dem auf diese Anmeldung eingetragenen Muster zustehen.
Der Unterzeichnete wird daher die treuhändlerische Verwaltung des Musters ausschließlich nach den ihm von Herrn G.K. oder dessen Bevollmächtigen zukommenden Weisung durchführen. Er hat für die treuhänderische Tätigkeit Anspruch auf angemessene Entschädigung seines Zeitaufwandes und auf Ersatz aller Auslagen. …
Ue., am 15.3.1990 …”
Der hiesige Beklagte zu 2), der seinen Wohnsitz in Österreich hat, hat beim LG N.-F. mit Schriftsatz vom 17.1.2001 Klage gegen die hiesigen Klägerinnen u.a. wegen Verletzung des internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/015 147 erhoben (Anlage B 1; Aktenzeichen 4HK O 611/01), wobei er ausgeführt hat, er sei als Treugeber aktivlegitimiert; außerdem habe der hiesige Beklagte zu 1) ihn, den hiesigen Beklagten zu 2), ermächtigt, die Rechte aus dem internationalen Muster im eigenen Namen geltend zu machen. Der betreffende Prozess (im Folgenden: Verfahren in N.) ist derzeit in der Berufungsinstanz beim 3. Zivilsenat des OLG N. anhängig (Aktenzeichen 3 U 57/03), dort ist Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 3.6.2003 anberaumt.
Das LG München I hat die Klage im vorliegenden Verfahren mit Urteil vom 12.12.2002 mit der Begründung abgewiesen, die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts sei nicht wirksam begründet worden. Nach Art. 16 Nr. 4 des Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1988 (LugÜ; abgedruckt bei Jayme/Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 11. Aufl., S. 323) und Art. 16 Nr. 4 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) bestehe eine ausschließliche Zuständigkeit eines Gerichts in der Schweiz. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerinnen. Sie machen geltend, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegen den Beklagten zu 1) ergebe sich aus Art. 16 Nr. 4 LugÜ. Für den Beklagten zu 2) ergebe sich die internationale Zuständigkeit aus Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ. Als zwischenstaatliches Übereinkommen i.S.d. genannten Vorschriften sei das im Streitfall einschlägige Haager Abkommen über Muster oder Modelle gemeint. Für ein bei der WIPO hinterlegtes Geschmacksmuster, für das Deutschland als schutzgewährendes Land bezeichnet sei, seien daher für eine Streitigkeit über die Gültigkeit dieses Geschmacksmust...