Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Gewährleistungsausschluss wegen arglistigen Verschweigens
Normenkette
BGB § 434 Abs. 1, § 444
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 06.11.2018; Aktenzeichen 73 O 1060/17) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 06.11.2018, Az. 73 O 1060/17, wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.118,29 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs ein Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB vorgelegen hat und die Beklagte sich insoweit nach § 444 BGB nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen kann.
1. Das Landgericht durfte aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aus den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) S., zu der Überzeugung gelangen, dass bei Gefahrübergang am 15.02.2017 eine Undichtigkeit am Motor vorgelegen hat, nämlich im Bereich des hinteren Dichtrings der Kurbelwelle. Daran war das Landgericht nicht deshalb gehindert, weil der Sachverständige aufgrund der durchgeführten Untersuchungen - ohne Zerlegung des Motors - seine Feststellungen mit "hoher Wahrscheinlichkeit" getroffen hat. Auch das Gutachten eines Sachverständigen unterliegt der freien Beweiswürdigung, bei der der Richter nicht an Beweisregeln gebunden ist.
Der Sachverständige hat nach der von ihm durchgeführten Probefahrt über 32 km frische tropfenförmige Ölanhaftungen im Bereich der Verbindungsnaht an dem unten zwischen Motor und Getriebeblock befindlichen Trennblech festgestellt, mithin einen Ölaustritt. Hierzu hat er erläutert, dass Ursache dafür mit hoher Wahrscheinlichkeit ein defekter Wellendichtring am hinteren Lager der Kurbelwelle sei. Aus diesem könne nur während des Motorlaufs Motoröl austreten, nicht aber bei Stillstand des Motors, weil der Ölstand in der Ölwanne niedriger liege als der betreffende Wellendichtring. Ölaustritt sei also nur möglich, wenn das hintere Kurbelwellenlager während des Motorlaufs mit unter Druck stehendem Motoröl versorgt werde. Offensichtlich sei die Probefahrt mit 32 km zu kurz gewesen, um hier noch größere Ölmengen austreten zu lassen, die dann auch beim parkenden Fahrzeug zu einem Abtropfen des Öls auf den Boden geführt hätten (vgl. Gutachten vom 25.06.2018, S. 15, Bl. 162 d.A.).
Das Landgericht konnte auch den TÜV-Bericht vom 06.02.2017 als Beleg dafür heranziehen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt Ölaustritt stattgefunden hat. Dass der Prüfer, der Zeuge Sch., keine Untersuchungen zur genauen Ursache des Ölaustritts vorgenommen hat, ändert nichts daran, dass er zu diesem Zeitpunkt einen "Ölverlust mit Abtropfen" festgestellt und die Ursache in einer Undichtigkeit des Motors angenommen hat, wie der Eintrag im Prüfbericht zeigt. Der Zeuge Sch. hat hierzu bei seiner Vernehmung erläutert, dass es zwei Kategorien gebe, nämlich "ölfeucht" und "Ölverlust mit Abtropfen". Unter "ölfeucht" sei ein leichter Beschlag mit Öl zu verstehen; das stelle einen leichten Mangel dar, der im Regelfall behoben werden müsse, aber die Zuteilung der Plakette nicht hindere. "Ölverlust mit Abtropfen" heiße, dass ein erheblicher Mangel vorliege. Die Feststellung der Schadensursache sei Aufgabe der Werkstatt (vgl. Protokoll vom 12.10.2017, S. 5 f., Bl. 57 d.A.).
Dass der Zeuge Sch. es grundsätzlich als möglich erachtet hat, dass beim Ölnachfüllen etwas überlaufe und sich unten sammle, widerlegt die Ausführungen des Sachverständigen nicht, der Verschütten von Motoröl beim Nachfüllen als Ursache für das abtropfende Öl ausgeschlossen hat. Der Zeuge Sch. hat keine Untersuchungen zur Ursache des Ölauftritts angestellt. Er konnte sich bei seiner Vernehmung nicht konkret an das streitgegenständliche Fahrzeug erinnern (vgl. Protokoll vom 12.10.2017, S. 5, Bl. 57 d.A.). Der Sachverständige hat hingegen nach der Probefahrt beobachtet, wo frische tropfenförmige Ölanhaftungen aufgetreten sind, daraus den Schluss auf die konkrete Ursache des Ölaustritts am streitgegenständlichen Fahrzeug gezogen und Verschütten als Ursache ausgeschlossen, weil sich der Öleinfüllstutzen an der Vorderseite des Motors befindet und verschüttetes Öl folglich an anderer Stelle hätte herunterlaufen müssen (vgl. Gutachten vom 25.06.2018, S. 15 unten, Bl. 162 d.A.). Das Landgericht musste nicht die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das vom Erstprüfer festgestellte abtropfende Öl von einer anderen Stelle herrührte als das vom Sachverständigen beobachtete abtropfende Öl, denn nach den Ausführungen des Sachverständigen ist beim Verschleiß von Wellendichtringen eine Laufleistung von mehreren tausend Kilometern erforderlich, bis es zu abtropfendem Öl kommt (vgl. Gutachten vom 25.06.2018, S. 16, Bl. 163 d.A.). Zwischen Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin und der Begutachtung dur...