Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Pflicht zur Herausgabe aller Bauunterlagen an Eigentümer durch Bauträgerverkäufer?
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 19.02.1991 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Kläger tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Wert der Beschwer liegt nicht über 60.000,– DM.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Es besteht kein allgemeiner Anspruch auf Herausgabe aller Genehmigungs- und Planungsunterlagen einschließlich der Statik, der Werk- und Bestandspläne, der Positions- und Bewährungspläne sowie der Wärme- und Schallschutznachweise für den Erwerber eines Hauses oder einer Wohnung vom Bauträger, hier schlüsselfertig und zum Festpreis.
1. Ein vertraglicher Herausgabeanspruch kraft ausdrücklicher Vereinbarung auf eine der genannten Unterlagen entfällt, da die Erwerbsverträge der Beklagten mit den Klägern insoweit keine entsprechende Abrede enthalten.
2. Eine entsprechende Anwendung des § 444 BGB auf den Bauträgervertrag deckt einen derartigen Herausgabeanspruch nicht. § 444 BGB dient dem Beweis des Rechtes am verkauften Gegenstand, also in der Regel des Eigentums und seiner möglichen Beschränkungen. Urkunden, mit denen das erworbene Recht verteidigt werden kann, sind herauszugeben. Dagegen fallen nicht unter § 444 BGB solche Urkunden, die sich nur auf die tatsächliche Beschaffenheit des erworbenen Objekts beziehen. Dazu gehören aber sämtliche begehrten Unterlagen (vgl. Staudinger-Köhler, BGB, 12. Aufl., Rdnr. 1 zu § 444; OLG Köln NJW 75, 694; Locher-Koeble, Baubetreuungs- und Bauträgerrecht, 4. Aufl., Rdnr. 533; einschränkend auch Westermann in Münchner Kommentar zum BGB, 2. Aufl., Rdnr. 4 zu § 444; aA LG Detmold, NJW 69, 2144 und OLG Naumburg JW 29, 793).
Für eine Erweiterung des Umfangs der herauszugebenden Unterlagen innerhalb einer entsprechenden Anwendung des § 444 BGB auf die hier begehrten Urkunden besteht jedenfalls im Rahmen des Verhältnisses Erwerber-Bauträger kein Bedürfnis. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, daß der Erwerber in seiner Stellung zum Baugeschehen nicht einem Bauherrn, sondern einem Käufer gleichsteht. Das erworbene Objekt ist in der Regel durch die Vertragsunterlagen hinreichend genau beschrieben und dargestellt, so daß der Inhalt der geschuldeten Leistung ausreichend bestimmbar ist. Letztlich zielt die vorliegende Klage auf eine Dokumentation des Entstehens der Leistung. Darauf besteht jedoch grundsätzlich kein Anspruch. Die Anfertigung von Detailplänen usw. zählt in der Regel zu den Internas des Bauausführenden. Bestandspläne für Installationen usw. sind grundsätzlich nur bei besonderer Abrede geschuldet. Eine generelle Dokumentationspflicht ist auch dem gewöhnlichen Werkvertrag fremd (vgl. für den Bereich der VOB: § 4 Nr. 1 Abs. 2/B und § 14/B VOB für die Fälle der Abrechnung und der Überwachung während der Bauausführung). Ihre Bejahung würde zu einem nicht absehbaren Umfang von Auskunfts- und Bereithaltungspflichten führen. Dagegen haben die Erwerber die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Unterlagen der Baubehörden. Im konkreten Fall kommt hinzu, daß die Beklagte Werkpläne im Maßstab 1:50 für die jeweiligen Geschosse, wenn auch nicht für das Kellergeschoß, zur Verfügung gestellt hat, die Auskunft über Details der Wohnungen geben. Auch bezüglich der Genehmigungsunterlagen als dem Ergebnis des planerischen Leistungsteiles der Beklagten besteht kein genereller Herausgabeanspruch. Im Einzelfall kann die endgültige Baugenehmigung auf einer Reihe von Tekturen beruhen, so daß wiederum wesentliche Teile des Baugeschehens Gegenstand eines entsprechenden Herausgabeanspruchs wären.
3. Soweit von Rechtsprechung und Literatur ein Auskunfts- und Herausgabeanspruch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bejaht wird, ist stets Voraussetzung ein besonderes, konkret begründetes rechtliches Interesse. Daran fehlt es hier. Die theoretische Möglichkeit von zukünftigen Änderungen am Objekt, die Tatsache, daß Wohnungseigentum zu verwalten ist, auch die bloße Besorgung des Entstehens von Baumängeln in der Zukunft rechtfertigen nicht die Annahme eines solchen Interesses. Die Kläger sind nicht gehindert, sich auf andere Weise Gewißheit über die Beschaffenheit des Objekts zu besorgen, wenn sie glauben, dies sei im Hinblick auf zukünftige Änderungen nötig. Warum eine ordnungsgemäße Verwaltung des Wohnungsbestandes ohne die begehrten Unterlagen nicht möglich sein soll, ist nicht zu ersehen. Im vorliegenden Fall ist jedenfalls kein konkreter Umstand vorgetragen, der Anlaß gibt, die Beklagte aus Treu und Glauben zur Herausgabe der begehrten Unterlagen zu verpflichten. Die vertraglich festgelegte Mitwirkungspflicht der Erwerber bei der Durchführung von Nachbesorgungsarbeiten ist nur untergeordneter Art. Die Nachbesserung ...