Leitsatz (amtlich)
1. Ein Gesamtschuldner kann gegenüber Mitschuldnern, die eine fällige Forderung des Gläubigers (hier Vergütung eines Schiedsgutachters) über die ihnen obliegende Quote hinaus erfüllt haben und nunmehr einen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB geltend machen, mit Einwendungen gegen die dem Ausgleichsanspruch zugrunde liegende Forderung grundsätzlich nicht gehört werden.
2. Die Ausgleichsansprüche aus § 426 Abs. 1 S. 1 und § 426 Abs. 2 BGB stehen selbständig nebeneinander. und sind hinsichtlich Verjährung und Einwendungen gesondert zu betrachten (vgl. z.B. BGH NJW 1988, 1375). Einwände, die sich auf das Grundverhältnis, d.h. das Vertragsverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern und dem Gläubiger erstrecken, berühren das Ausgleichsverhältnis nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich nicht.
3. Eine Durchbrechung des Grundsatzes kommt nur unter zwei Gesichtspunkten in Frage, nämlich bei einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung zwischen den Gesamtschuldnern oder aufgrund der Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, insbesondere wenn die Mitschuldner die Zahlungen an den Gläubiger treuwidrig leisteten und Einwände gegen die Forderung schuldhaft unterließen.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 1 S. 1, § 242
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 09.07.2007; Aktenzeichen 35 O 13541/06) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 9.7.2007, 35 O 13541/06 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung, einschließlich der Kosten der Nebenintervention, trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger begehren Gesamtschuldnerausgleich bezüglich einer von ihnen beglichenen Forderung für ein von den Parteien gemeinsam in Auftrag gegebenes Schiedsgutachten.
Die Parteien waren an der Firma T. C. Unternehmensberatungs- und Beteiligungsgesellschaft AG beteiligt. Der Beklagte hielt einen Anteil von 25 % an der Gesellschaft. Im Rahmen seines Ausscheidens aus dem Unternehmen beauftragten die Parteien im März/April 2004 den Wirtschaftsprüfer Dr. D. mit der Erstellung eines Schiedsgutachtens. Der Schiedsgutachter sollte den Verkehrswert der in Händen des Beklagten befindlichen Aktien an der Gesellschaft feststellen. Stichtag für die Bewertung der Aktien war der 19.5.2003.
In Punkt I. Ziff. 7. vereinbarten die Vertragsparteien: "Der Schiedsgutachter vollzieht den Auftrag unter Zuhilfenahme von Berufsträgern und weiteren Fachkräften aus der Kanzlei Dr. W. Dr. D. und Sozien, Rechsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, wobei er die volle Verantwortung für solche Zuarbeiten übernimmt."
Im Vertrag zwischen den Parteien und dem Gutachter wurde unter Punkt "III. Honorar ... Ziff. 5. Zahlungsbedingungen" folgendes festgelegt: "Rechnungen werden vierzehn Tage nach Empfang zur Zahlung fällig. Berufsüblich besteht die Berechtigung Zwischenrechnungen zu erteilen. Im Schiedgutachterverfahren sind Vorschüsse bis zu einer Höhe der voraussichtlich anfallenden Kosten (Tz. 1, 3, 4) üblich."
Unter Ziff. 6. vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Auftraggeber für Honorar, Auslagenersatz und Umsatzsteuer gesamtschuldnerisch haften. Hinsichtlich der Rechnungsstellung findet sich unter Ziff. 7. folgende Regelung: "Das Honorar bzw. etwaige Vorschüsse werden zunächst den Parteien zu 50 % berechnet. Bei Zahlungsverzögerung im Sinne von Tz. 5. wird die andere Partei gem. Tz. 6. in Anspruch genommen." Unstreitig sollte auf die Kläger einerseits und den Beklagten andererseits eine Zahlungspflicht i.H.v. jeweils 50 % entfallen.
Schließlich war im Schiedsgutachertvertrag darauf verwiesen, dass mit einem "Gesamthonorarvolumen - Erfahrungswerte aus einer kürzlich durchgeführten Unternehmensbewertung - von rd. EUR 75.000 zu rechnen" sei. Voraussetzung hierfür sollte eine zügige Auftragsdurchführung sein, die insbesondere davon abhägig ist, dass den Anforderungen (Abschn. I, Tz. 8.) zeitnah und kompetent nachgekommen werde. Zu den weiteren Vereinbarungen im Schiedsgutachterauftrag vgl. Anlage K 1.
Die Parteien leisteten dem Gutachter einen Vorschuss i.H.v. 146.000 EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Am 26.8.2005 übersandte der Gutachter den Parteien einen Entwurf des Schiedsgutachtens vom 16.8.2005, in dem der Wert der von dem Beklagten gehaltenen Aktien auf ca. 2,17 Mio. EUR bemessen wurde, und gab ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15.11.2005. Mit Rechnung vom 23.9.2005 (Anlagen K 2, K 3, B 1) forderte der Gutachter eine weitere Vorabzahlung über einen Gesamtbetrag von 197.000 EUR. Der Beklagte wurde hieraus mit einem Bruttobetrag i.H.v. 98.600 EUR in Anspruch genommen. Auf die Aufforderung des Beklagten vom 19.10.2005 hin übersandte der Schiedsgutachter eine Aufschlüsselung der der Rechnung zugrunde liegenden Stundenaufschriebe (vgl. Anlage B 3)....