Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorarklage des Rechtsanwalts: Einwand des Tätigwerdens ohne Abwarten einer Kostendeckungszusage der Rechtsschutzversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Beauftragt ein Mandant einen Rechtsanwalt mit der Einholung einer Rechtsschutz-Deckungszusage mit dem Schreiben "Sollten die entstehenden Kosten nicht von der Versicherung getragen werden, bitte um kurze Info und weitere Vorgehensweise", so steht der Geschäftsbesorgungsauftrag unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine Deckungszusage erteilt wird.
2. Holt der Rechtsanwalt bei der Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage erst für die Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens ein und wird diese erteilt, so entfaltet sie keine rückwirkende Kraft. Eine schon entstandene Geschäftsgebühr wird nicht von ihr umfasst.
Normenkette
BGB § 675
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Urteil vom 02.08.2010; Aktenzeichen 53 O 2004/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des LG Ingolstadt vom 2.8.2010 - 53 O 2004/09, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte an den Kläger 255,60 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7.2.2008 zu zahlen hat.
2. Im Übrigen werden die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen und die weiter gehende Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
4. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger 73 %, der Beklagte 27 %.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
(abgekürzt gem. §§ 313a I, 540 II ZPO)
I. Soweit im landgerichtlichen Urteil die Klagepartei als Klägerin bezeichnet wird, wird die Klagepartei nachfolgend im Hinblick auf die Erklärung der Vertreterin der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung am 16.2.2011 als Kläger bezeichnet.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Honorar aus anwaltlicher Beratung. Wegen der Feststellungen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, S. 3 ff., Bezug genommen.
Das LG verurteilte den Beklagten unter Ziff. 1 zur Zahlung von 1.166,43 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7.2.2008, sowie dazu, die ihm aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag mit der A. Rechtsschutz-Versicherung AG (Vers.-Nr ... 800) gegen diese zustehenden Ansprüche auf Übernahme der über den unter Ziff. 1. zuerkannten Betrag hinausgehenden weiteren Kosten für seine anwaltliche Vertretung im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Film & Entertainment V. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG gemäß der Kostennote des Klägers vom 20.8.2007 an diese abzutreten. Letzterer Anspruch wurde - nach Anerkenntnis durch den Beklagten - durch Anerkenntnisurteil zugesprochen. Im Übrigen wurde die Klage des Klägers abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Vertrag zwischen den Parteien dahin auszulegen sei, dass der vertragliche Vergütungsanspruch des Klägers im Falle einer Erteilung der Deckungszusage seitens der Rechtsschutzversicherung von vornherein auf die Verschaffung der Versicherungsleistung, die der Beklagte aufgrund seines Rechtsschutzversicherungsvertrages hat beanspruchen können, beschränkt gewesen sein soll. Der Beklagte hafte gegenüber dem Kläger aus § 280 I BGB in Höhe eines Betrages von 1.166,43 EUR auf Schadensersatz, weil er seiner Rechtsschutzversicherung unzutreffenderweise mitgeteilt hätte, dass für die vorprozessuale Tätigkeit des Klägers keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) angefallen gewesen wäre. Eine Geschäftsgebühr sei angefallen, es spreche eine Vermutung dafür, dass der Anwalt zunächst versuchen soll, die Sache gütlich zu bereinigen. Zur Entstehung gelange die Geschäftsgebühr mit der ersten Tätigkeit des Rechtsanwalts nach Erhalt des Auftrags, also in aller Regel mit der Entgegennahme der Information. Mit Schreiben vom 24.1.2007 (Anlage K 3) hätte der Beklagte den Kläger zu einer Deckungsanfrage bei seiner Rechtsschutzversicherung, ob diese die Kosten für die gerichtliche Geltendmachung seiner Schadensersatzansprüche übernehme, ermächtigt. Eine Beschränkung des aufschiebend bedingten Auftrags auf die gerichtliche Geltendmachung der Schadensersatzansprüche lasse sich dem Schreiben dagegen nicht entnehmen. Der Kläger hätte deshalb das Schreiben des Beklagten dahin verstehen können, dass er ihn auch mit der außergerichtlichen Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte, solange die hierfür anfallenden Kosten von der Rechtschutzversicherung getragen worden wären. Mit Erteilung der Deckungszusage sei der Anspruch des Klägers auf die Geschäftsgebühr zur Entstehung gelangt.
Eine Terminsgebühr könne der Kläger nicht beanspruchen, da zum Zeitpunkt der im Februar 2007 geführten Mediationsgespräche ein Prozessauftrag nicht bestanden hätte.
Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, S. 7 ff., Bezug genommen.
Ge...