Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf eines Darlehensvertrages bei unrichtiger Widerrufsbelehrung; Anrechnung von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung von Kapitalanlagen
Leitsatz (amtlich)
Die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Anrechnung von Steuervorteilen des Anlegers bei der schadensersatzrechtlichen Rückabwicklung von Kapitalanlagen sind auch dann anzuwenden, wenn die Kapitalanlage im Wege des Widerrufs (§§ 346 ff. BGB) rückabgewickelt wird (hier zum Fonds "Montranus II").
Normenkette
BGB §§ 346, § 346 ff.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 04.05.2011) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 4.5.2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.812,59 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 14.9.2010
sowie Zinsen i.H.v. 2 % p.a.
aus 10.915,78 EUR seit 1.1.2010 bis 13.9.2010
aus 11.080,84 EUR seit 1.6.2009 bis 31.12.2009
aus 11.287,17 EUR seit 1.6.2008 bis 31.5.2009
aus 11.823,63 EUR seit 1.2.2008 bis 31.5.2008
aus 12.246,61 EUR seit 1.9.2007 bis 31.1.2008
aus 12.739,38 EUR seit 1.1.2007 bis 31.8.2007
aus 12.381,42 EUR seit 1.1.2006 bis 31.12.2006
aus 13.344,- EUR seit 13.11.2004 bis 31.12.2005 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 26.10./7.12.2004 keine Ansprüche zustehen.
3. Die Verurteilung gem. Ziff. 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung des Klägers an der MONTRANUS Zweite ... KG über einen Beteiligungsbetrag von 25.000 EUR.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Hilfswiderklage der Beklagten wird abgewiesen.
IV. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
V. Die Revision wird zugelassen.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
VII. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 22.512,59 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Rückabwicklungsansprüche aufgrund des Widerrufs eines Darlehensvertrages im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an einem Medienfonds geltend. Hilfsweise begehrt der Kläger Schadensersatz wegen behaupteter Fehlberatung.
Der Kläger beteiligte sich mit einer Einlage von insgesamt 25.000 EUR zzgl. Agio i.H.v. 133 EUR an der MONTRANUS Zweite ... KG ... (fortan: Fonds). Wie vertraglich vorgesehen, zahlte der Kläger auf seine Beteiligung 13.300 EUR zzgl. des Agio, insgesamt also 13.433 EUR aus eigenen Mitteln an die Fondsgesellschaft. Den restlichen Anteil i.H.v. 11.700 EUR finanzierte der Kläger über ein Darlehen bei der Beklagten. Die Beitrittsvereinbarung zum Fonds sowie der Darlehensvertrag sind in einem Formular zusammengefasst; dieses wurde vom Kläger am 26.10.2004, von der Fondsgesellschaft am 4.11.2004 und von der Beklagten am 7.12.2004 unterschrieben (Anlage K 2).
In dem Formular heißt es unter der Überschrift "gesetzliches Widerrufsrecht" (Bl. 3 li. Sp. oben):
"Maßgeblicher Bestandteil dieses Zeichnungsscheins sind die Belehrungen über ein etwaiges gesetzliches Widerrufsrecht. Dieses Widerrufsrecht besteht nur unter den im Gesetz näher bestimmten Voraussetzungen; ein vertraglich begründetes Widerrufsrecht besteht nicht."
Am Schluss des Abschnitts A (Bl. 3 li. Sp. unten) ist eine vorgedruckte, vom Kläger gesondert unterschriebene "Empfangsbestätigung" enthalten mit folgendem Wortlaut: "Ich bestätige, die Vertragsunterlagen inklusive Beteiligungsprospekt sowie die beiden Widerrufsbelehrungen erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben."
Im folgenden Abschnitt B (Bl. 3 re. Sp. oben) heißt es: "Auf den Darlehensvertrag finden die in Abschnitt D. umseitig abgedruckten Darlehensbestimmungen unter Einbezug der Angaben in Abschnitt A. Anwendung."
Die beiden Widerrufsbelehrungen befinden sich nicht im Zeichnungsschein, sondern auf Seite 105 des Prospekts über die Beteiligung (Anlagen K 3 und K 12), sowie zusätzlich als Einzelblatt in einer Innentasche im hinteren Umschlag des Prospekts. Hierbei handelt sich um eine Widerrufsbelehrung für die Beitrittsvereinbarung und eine weitere für den Darlehensvertrag mit der Beklagten.
Letztere lautet wie folgt (Anlage K 3):
"Widerrufsbelehrung Nr. 2
zum Darlehensvertrag mit der H. bank (Abschnitte B. und D. des Zeichnungsscheins).
Widerrufsrecht
Sie können ihre im Zeichnungsschein enthaltene, auf die Aufnahme der Fremdfinanzierung (Darlehensvertrag) gerichtete Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:
A. GmbH Finanzanlagen und Beteiligungen
W. Straße 49 ... P.
Fax:... E-Mail:.....