Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung eines Darlehens durch einen Verein. Kündigung des Darlehens und der Mitgliedschaft gegen Stellung eines neuen Darlehensnehmers
Leitsatz (redaktionell)
Ist ein Mitglied eines Vereins verpflichtet, diesem ein unverzinsliches Darlehen zu gewähren, so verstößt es gegen § 307 Abs. 1, wenn die Kündigung des Darlehens und die Beendigung der Mitgliedschaft daran geknüpft werden, dass ein neuer "Darlehensgeber" zu stellen ist.
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 04.12.2008; Aktenzeichen 72 O 1445/08) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 04.12.2008 - 72 O 1445/08 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.135,50 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, denn der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000 Euro nicht (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Nach herrschender Meinung ist § 313 a ZPO, auf den § 540 Abs. 2 ZPO ausdrücklich verweist, auch auf Berufungsurteile anwendbar (Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., Rdn. 2 zu § 313 a und Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rdn. 2 zu § 313 a).
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger konnte den verfahrensgegenständlichen Darlehensvertrag vom 22.06.1995 wirksam kündigen und hat daher einen fälligen Anspruch auf Rückzahlung der Valuta in Höhe von Euro 6.135,50.
1. Unstreitig schlossen die Parteien am 22.06.1995 einen Darlehensvertrag (K 2) über die Gewährung eines unverzinslichen Darlehens in Höhe von DM 12.000 (= Euro 6.135,50). Unstreitig zahlte der Kläger die Valuta aus. Unstreitig kündigte der Kläger mit Schreiben vom 18.12.2006 (K 3) seine Mitgliedschaft im beklagten Verein, welche jedenfalls zum 31.12.2007 hierdurch beendet wurde, und verlangte Rückzahlung seiner "Einlage". Letzteres versteht sich - jedenfalls im Wege der Auslegung - als Kündigung des Darlehensvertrags vom 22.06.1995, da der unmissverständliche Wille zum Ausdruck kommt, die Darlehensvaluta nach Beendigung der Mitgliedschaft im Beklagten zurück zu fordern.
2. Diese Kündigung ist wirksam.
a) Der Beklagte kann die Kündigung nicht, wie die Berufung rügt, mit dem Argument zurückweisen, der Kläger habe keinen Ersatzdarlehensnehmer beigebracht und damit eine vertraglich vorgesehene Bedingung der Kündbarkeit des Vertrags nicht erfüllt.
Zwar konnte im verfahrensgegenständlichen Darlehensvertrag unter Ziffer 4. Satz 1 die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit gemäß § 488 Abs. 3 BGB wohl für die Zeit der Mitgliedschaft im Beklagten wirksam abbedungen werden (Weidenkaff in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 488 Rdn. 31), woran sich der Kläger auch hat festhalten lassen. Jedoch stellt die weitere Bedingung der Kündigungsmöglichkeit in Ziffer 4. Satz 3 des Vertrags, wonach ein neuer Darlehensgeber vom Kläger beizubringen gewesen wäre, eine unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB dar und ist deshalb unwirksam.
Der verfahrensgegenständliche Darlehensvertrag (K 2) ist ein Formularvertrag gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, da er unstreitig in den ersten Jahren nach Gründung des Beklagten in dieser Form mit jedem neuen Mitglied zwecks Investitionsfinanzierung abgeschlossen wurde.
Die Inhaltskontrolle ist nicht gemäß § 310 Abs. 4 BGB ausgeschlossen. Zwar gilt § 310 Abs. 4 BGB grundsätzlich auch für Vereine (Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 310 Rdn. 50). Dies gilt jedoch nicht, soweit eine schuldrechtliche Beziehung außerhalb der vereinsrechtlichen Verbindung zusätzlich begründet wird. Dies ist beim vorliegenden Darlehensvertrag der Fall. Die Darlehensverpflichtung ist nicht in der Satzung geregelt, beruht also nicht unmittelbar auf der Satzung, sondern (mittelbar) auf einem satzungsgemäß ergangenen Beschluss der Mitglieder. Diese Verpflichtung steht und fällt nicht mit der Mitgliedschaft, sondern ist eine vertraglich begründete Verpflichtung, die einen zusätzlichen Vertragsschluss voraussetzt und einer eigenen Kündigungsregelung unterliegt (vgl. BGH, NJW 1988, 1729; so auch OLG Düsseldorf, NJW 2008, 1451 ff.).
Die Kündigungserschwerung gemäß Ziffer 4. Satz 3 des Vertrags benachteiligt den Kläger unangemessen und ist daher unwirksam (§ 307 Abs. 1 BGB). Der Beklagte hat nämlich im Ergebnis die Möglichkeit, die Kündigungsmöglichkeit des Klägers maßgeblich einzuschränken bzw. sogar zu verhindern. Der Beklagte verlangt vom Kläger als Voraussetzung für eine wirksame Darlehenskündigung, einen anderen Darlehensgeber zu den dann üblichen Bedingungen (inkl. Höhe) beizubringen. D.h. der Kläger muss eine Person beibringen, die bereit ist, dem Beklagten ein im Darlehensvertrag noch nicht definiertes Darlehen zu noch nicht definierten Bedingungen zu gewähren. Darüber hinaus legt der Beklagte sich - jedenfalls im Vertrag - nicht fest, ob und zu welchen Bedingungen er diesen Darlehensgeber aufzunehmen bereit ist...