Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung bei Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Inverzugsetzung beim nachehelichen Unterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt einen Abänderungsgrund dar, der zur Vermeidung der Präklusionswirkung des § 323 Abs. 2 ZPO in den Rechtsstreit eingeführt werden muss, sobald die jeweilige Entscheidung des BGH auf dessen Homepage im Internet zu finden ist.

 

Normenkette

ZPO § 323 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Kaufbeuren (Urteil vom 15.03.2007; Aktenzeichen 1 F 566/05)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des AG Kaufbeuren vom 15.3.2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Tenors wie folgt lautet:

Das Endurteil des AG Kaufbeuren, FamG, vom 9.11.2005 (1 F 566/05) wird in Ziff. 3 dahingehend abgeändert, dass der Kläger an die Beklagte einen monatlichen Unterhaltsbetrag i.H.v. 351 EUR (i.W.: dreihunderteinundfünfzig Euro), zahlbar monatlich im Voraus zum 3. des Monats, erstmals ab 1.12.2006, zu bezahlen hat.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Das AG Kaufbeuren hat mit Endurteil vom 15.3.2007 das Urteil des AG Kaufbeuren vom 9.11.2005 in Ziff. 3 des Tenors dahingehend abgeändert, dass der Kläger an die Beklagte 351 EUR, zahlbar monatlich im Voraus zum 3. eines Monats, ab 1.12.2006, zu zahlen hat, wobei geleistete Zahlungen abzuziehen sind.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanziellen Anträge der Parteien wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das Ersturteil Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt sein Ziel aus erster Instanz weiter und begehrt im Berufungsverfahren eine (weitere) Herabsetzung des monatlichen Unterhalts von 351 EUR auf 304 EUR monatlich ab 1.11.2006.

Der Kläger rügt in der Berufung drei Punkte.

1. Das AG habe zu Unrecht das Urteil des AG Kaufbeuren vom 9.11.2005 erst ab 1.12.2006 abgeändert. Vielmehr sei das Urteil bereits ab dem 1.11.2006 abzuändern. Der Entwurf des Klägers zu einer Abänderungsklage, verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, sei beim AG Kaufbeuren am 30.11.2006 eingegangen. Nach § 1613 Abs. 1 BGB bewirke der Eingang des Antrags auf Prozesskostenhilfe am 30.11.2006 bei Gericht eine Rückwirkung der Abänderungsmöglichkeit zum 1.11.2006. Auch durch das außergerichtliche Abänderungsverlangen vom 14.11.2006 sei eine Abänderung zum 1.11.2006 vorzunehmen nach §§ 323 Abs. 3 ZPO, 1585b Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB (insofern wohl Schreibfehler im Schriftsatz vom 14.5.2007, soweit auf Seite 7 der 1.12.2006 als Datum der Abänderung angenommen wird).

2. Der Kläger könne zu seiner Altersversorgung in Form der gesetzlichen Rentenversicherung weitere 4 % aus seinem Jahresbruttoeinkommen als zusätzliche Altersversorgung nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, FamRZ 2005, 1817) von seinem Einkommen abziehen. Eine Präklusion nach § 323 Abs. 2 ZPO liege nicht vor, da die Entscheidung des BGH vom 11.5.2005 in den einschlägigen Fachzeitschriften (NJW und FamRZ) erst nach dem Erlass des Ersturteils am 9.11.2005 veröffentlicht worden sei. Durch den Abänderungsgrund der Geburt der Tochter des Klägers im Oktober 2006, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Erstverfahren (20.10.2005) erfolgte, könnten auch Alttatsachen noch berücksichtigt werden. Es handle sich nicht um eine (Alt-)Tatsache, die endgültig und abschließend hätte beurteilt werden können.

3. Die gleichen Überlegungen (wie oben 2.) beträfen die dauernde Last des Klägers i.H.v. 50 EUR (Zahlung an seine Eltern), zu welcher er mit Überlassungsvertrag des Notars Dr. P. vom 30.3.2000 verpflichtet sei. Auch die Berücksichtigung dieser Tatsache sei nach § 323 Abs. 2 ZPO nicht präkludiert. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Altersvorsorge i.H.v. 4 %, das sind 167 EUR pro Monat und der dauernden Last ggü. den Eltern i.H.v. 50 EUR pro Monat, verringere sich der Unterhaltsanspruch auf 304 EUR monatlich.

Der Beklagte hat Zurückweisung der Berufung beantragt.

II. Die zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

1. Eine Abänderung des Urteils des AG Kaufbeuren vom 9.11.2005 für die Zeit vor dem 23.2.2007 ist nach § 323 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht zulässig.

Die Rechtshängigkeit der Abänderungsklage im vorliegenden Verfahren ist laut Empfangsbekenntnis des Beklagtenvertreters am 23.2.2007 eingetreten. Die Vorschrift des § 323 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, wonach ausnahmsweise eine rückwirkende Abänderung vor den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Abänderungsklage in Betracht kommt, gilt nur in den Fällen, in denen der Gegner der Abänderungsklage wegen einer Erhöhung des Unterhalts in Verzug gesetzt wurde. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGH, FamRZ 2004, 1712 unter Bezugnahme auf frühere Entscheidungen des BGH). Der Kläger hat sowohl im vorliegenden Prozess, wie auch außergerichtlich, eine Herabsetzung des Unterhalts aufgrund des bestehenden Titels, und nicht eine Erhöhung begehrt.

Im Übrigen verkennt die Berufung, dass nicht die...

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