Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung von Ausgleichsansprüchen unter Mitgliedern einer Partnerschaftsgesellschaft in Liquidation
Leitsatz (amtlich)
1. Ansprüche von Gesellschaftern gegen die Gesellschaft oder Mitgesellschafter, die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen, können bei Liquidation der Gesellschaft nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden, sondern sind als Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsabrechnung einzustellen (Durchsetzungssperre). (Rn. 17 - 21)
2. Die Durchsetzungssperre gilt nicht bei Drittgläubigerforderungen und offensichtlichen beziehungsweise unstreitigen Forderungen. (Rn. 19 und 24)
3. Eine Leistungsklage, der die Durchsetzungssperre entgegensteht, ist durch das Gericht in eine Feststellungsklage auf Feststellung, ob die Forderung in die Schlussbilanz aufzunehmen ist, umzudeuten. (Rn. 31 - 32 und 36)
Normenkette
BGB § 426; HGB §§ 145, 150 Abs. 1; PartG § 10 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 07.04.2022; Aktenzeichen 8 O 3321/20) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger zu 1) und 2) wird das Urteil des Landgerichts München II vom 07.04.2022, Az. 8 O 3321/20, wie folgt abgeändert und auf die Klage der Kläger zu 1) bis 3) hin in Ziffer 1. wie folgt gefasst:
Es wird mit Wirkung für die Kläger zu 1) bis 3) und den Beklagten festgestellt, dass in der Liquidationsschlussbilanz wegen der Beendigung der Partnerschaftsgesellschaft "Rechtsanwälte B1., G. & Partner Partnerschaftsgesellschaft mbB i.L." ein Rechnungsposten in Höhe von EUR 44.617,66 zuzüglich Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus EUR 29.931,60 seit dem 07.07.2020 sowie weitere Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus EUR 14.686,06 seit 29.09.2020 zugunsten der Kläger zu 1) und 2) und zu Lasten des Beklagten für die vom ursprünglichen Kläger für den Beklagten für den Zeitraum März 2020 bis August 2020 geleisteten Mietzahlungen an die Holler-Stiftung zu berücksichtigen ist.
2. Im Übrigen wird die Klage der Kläger zu 1) bis 3) abgewiesen und die Berufung der Kläger zu 1) und 2) zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klagepartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Zur näheren Darstellung sowohl des Sachverhaltes als auch der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend und zusammenfassend ist Folgendes auszuführen:
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Geltendmachung von Mietzinszahlungen für Kanzleiräume im Rahmen eines Gesamtschuldnerausgleichs.
Die Kläger zu 1) und 2) sind die Erben des während des laufenden Berufungsverfahrens verstorbenen ursprünglichen Klägers Prof. Dr. W. B. Dieser sowie der Beklagte und vier weitere Rechtsanwälte, darunter der im Berufungsverfahren dem Prozess auf Klageseite beigetretene Kläger zu 3), schlossen am 19./21.02.1996 auf Mieterseite mit der Rechtsvorgängerin der Holler-Stiftung als Vermieterin einen Gewerbemietvertrag über Kanzleiräume in München (Anl. K 1). Der Vertrag enthält in Ziff. 10 mehrere Klauseln zur Personenmehrheit als Mieter. Darin ist u.a. geregelt, dass die Mieter als Gesamtschuldner haften und ein Mieter, sofern er aus der Partnerschaftsgesellschaft ausscheidet, auch seine Stellung als Mieter verliert bzw. ein Rechtsanwalt, der als Partner neu in die Partnerschaftsgesellschaft aufgenommen wird, gleichzeitig auch Mietpartei wird.
Am 01.05.1996 schlossen dieselben sechs Anwälte einen Partnerschaftsgesellschaftvertrag (Anl. K 3). Dort findet sich in der Präambel die Formulierung, dass die Partnerschaftsgesellschaft Bub, Gauweiler & Partner im Hinblick auf die Kanzleigründung die Büroräume in München angemietet habe. Im Übrigen enthält der Partnerschaftsvertrag in § 5 Ziff. 6 eine Kostenverteilungsregelung nach einem qm-Schlüssel, die u.a. für die Miet- und Nebenkosten gelten sollte.
Die Partnerschaftsgesellschaft befindet sich seit 01.03.2019 in Liquidation. Zu diesem Zeitpunkt waren der ursprüngliche Kläger Prof. Dr. W. B1., der jetzige Kläger zu 3) und der Beklagte Partner der Gesellschaft. Diese drei Personen sind sodann gemeinsam auch deren Liquidationsgesellschafter geworden.
Die Kläger zu 1) bis 3) behaupten, der ursprüngliche Kläger Prof. Dr. W. B1. habe persönlich den Mietanteil des Beklagten für die Monate März - August 2020 an die Vermieterin bezahlt. Seinen Rechtsnachfolgern, den Klägern zu 1) und 2), stehe daher ein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 bzw. § 426 Abs. 2 BGB zu. Aufrechenbare Gegenansprüche des Beklagten bestünden nicht.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass sich die beteil...