Leitsatz (amtlich)
1. Solange der Kläger nicht tatsächlich auf die Nutzung seines Fahrzeugs verzichten musste, weil es trotz der Beschädigungen fahrbereit war oder irrig als fahrbereit angesehen und benutzt wurde, hat er keinen Anspruch auf Nutzungsausfall.
2. Wenn der Geschädigte die gegnerische Haftpflichtversicherung erst nach einigen Wochen auf den Umstand hinweist, dass er die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs nicht finanzieren kann und deshalb ein erhöhter Nutzungsausfallschaden entstehen kann, führt das dann nicht zur einer Kürzung der Nutzungsausfallentschädigung unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens, wenn die Versicherung auch nach erfolgtem Hinweis für lange Zeit keinen Vorschuss auf die Reparaturkosten leistet.
Normenkette
BGB §§ 249, 254 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 08.10.2009; Aktenzeichen 1 O 588/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Augsburg vom 8.10.2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
A. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 8.116,60 EUR (i. W.: achttausendeinhundert-sechzehn 60/100 EUR) zzgl. außergerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten i.H.v. 603,93 EUR (i. W.: sechshundertdrei 93/100 EUR) zu zahlen, jeweils nebst Zinsen aus den angegebenen Beträgen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.2.2009.
B. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 80 %, der Kläger 20 %. Von den Kosten der Berufung tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 60 %, der Kläger 40 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch über die Höhe des Nutzungsausfalls nach einem Verkehrsunfall. Am 25.11.2008 gegen 11 Uhr kam es in der Pilsener Straße in Augsburg zu einer Kollision zwischen dem dort geparkten Pkw des Klägers, einem BMW Cabrio der 3er Reihe, und dem von der Beklagten zu 3) geführten Fahrzeug, dessen Halterin die Beklagte zu 2) und das bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert war. Die 100%ige Haftung der Beklagten ist in der Berufungsinstanz unstreitig. Noch am Unfalltag besichtigte der Kfz-Sachverständige S. im Auftrag des Klägers dessen Fahrzeug und ermittelte mit Gutachten vom 2.12.2008 Reparaturkosten i.H.v. 2.850,58 EUR (vgl. Anlage K 1). Am 3.12.2008 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) zur Zahlung auf, die jedoch mit Schreiben vom 16.12.2008 (Anlage K 2) eine Nachbesichtigung wünschte. Am 2.1.2009 besichtigte im Auftrag der Beklagten der Sachverständige B. von der Firma c. das Fahrzeug; in seinem Gutachten vom 9.1.2009 ermittelte er Reparaturkosten von 4.703,33 EUR (Anlage K 3). Die voraussichtliche Reparaturdauer wurde von beiden Sachverständigen übereinstimmend auf 3 - 4 Tage bestimmt. Da die Beklagte zu 1) weiterhin nicht zahlte, beauftragte der Kläger den nunmehrigen Klägervertreter, der mit Schriftsatz vom 29.1.2009, zugegangen am 30.1.2009, die Zahlung eines Gesamtschadens von 9.032,70 EUR forderte und eine Zahlungsfrist bis spätestens 5.2.2009 setzte. Der Klägervertreter forderte zudem die unverzügliche Anweisung eines Vorschusses. Seinem Mandanten sei die Vorlage der anfallenden Kosten aus eigenen Mitteln nicht möglich. Unter Bezug auf BGH NJW-RR 2006, 394 und OLG Düsseldorf, Gz. I-1 U 52/07 vom 15.10.2007 wies er darauf hin, dass der Geschädigte nicht verpflichtet sei, den Schaden aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder zur Vermeidung von Folgeschäden einen Kredit aufnehmen. Er werde erst nach Geldeingang in der Lage sein, die Reparatur in Auftrag zu geben. Auf die Gefahr eines fortlaufenden Nutzungsausfallschadens wurde hingewiesen. Am 24.2.2009 kaufte der Kläger für 450 EUR einen Pkw Fiat Uno, Erstzulassung 1992, als "Interimsfahrzeug", das er am 26.2.2009 auf sich zuließ.
In erster Instanz machte der Kläger mit seiner am 17.2.2009 beim LG Augsburg eingegangenen und dem Beklagten am 09. bzw. 10.3.2009 zugestellten Klage einen Schadensersatz i.H.v. insgesamt 10.094,70 EUR geltend, der sich aus Reparaturkosten, Gutachterkosten, einer Unkostenpauschale sowie Nutzungsausfall für 84 Tage vom 25.11.2008 bis 16.2.2009 i.H.v. je 59 EUR (zusammen 4.956 EUR) zusammensetzte. Darüber hinaus wurden außergerichtliche Rechtsanwaltskosten gefordert. Das LG verurteilte die Beklagten nach Erholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zur Zahlung von 9.001,60 EUR zzgl. außergerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten i.H.v. 745,64 EUR, jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.2.2009 und wies die Klage im Übrigen ab. Dabei sprach es Nutzungsausfall für 70 Tage zu je 59 EUR zu. Dabei ging es von den vom Kläger beantragten 84 Tagen aus, zog aber 14 Tage ab, weil der Kläger erst am 29.1.2009 darauf hingewiesen hatte, dass er nicht in der Lage sei, die Reparatur vo...