Leitsatz (amtlich)

Der Betrieb von Online-Videorecordern stellt sich unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Finanzierung, nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Auffassung der Endnutzer als selbständige Nutzungsart dar.

 

Normenkette

UrhG § 97 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 20; UrhWG § 11 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 28.07.2010; Aktenzeichen 21 O 9049/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Antragsgegner gegen das Urteil des LG München I vom 28.7.2010 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegner haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Auf Antrag der Antragstellerin hat das LG am 20.5.2010 folgende einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegner, eine GmbH & Co. KG (Antragsgegnerin zu 1.), deren Komplementärin (Antragsgegnerin zu 2.) und den Geschäftsführer der Komplementärin (Antragsgegner zu 3.) erlassen:

Den Antragsgegnern wird bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, das Angebot der "save.tv" zu unterstützen, wenn im Rahmen des Angebots "save.tv" Sendungen aus dem Programm "RTL" gespeichert und/oder verbreitet werden.

Die Antragsgegner haben gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt.

Mit Urteil vom 28.7.2010 hat das LG die einstweilige Verfügung vom 20.5.2010 mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass den Antragsgegnern verboten wird, das Angebot "Save.TV" zu unterstützen, wenn im Rahmen des Angebotes "Save.TV" Sendungen aus dem Programm RTL gespeichert werden und das entsprechende Fernsehsignal von einer Empfangseinrichtung an ein Speichermedium weitergeleitet wird.

Auf dieses Urteil wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Antragsgegner.

Die Antragsgegner beantragen in der Berufungsinstanz, das Verfügungsurteil des LG München I vom 28.7.2010 zu dem Aktenzeichen Az. 21 O 9040/10 aufzuheben und den Antrag auf dessen Erlass zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt in der Berufungsinstanz, die Berufung der Antragsgegner zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2010 Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Antragsgegner ist nicht begründet.

1. Die Antragsgegner stellen in der Berufungsinstanz in Abrede, dass der Antragstellerin ein Verfügungsanspruch zur Seite steht. Hiermit haben die Antragsgegner keinen Erfolg.

Nach dem Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass der Antragstellerin gegen die Antragsgegner ein Verfügungsanspruch nach § 97 Abs. 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 20 UrhG zur Seite steht. Das LG hat in dem angefochtenen Urteil einen derartigen Verfügungsanspruch der Antragstellerin mit der Begründung bejaht, die von den Antragsgegnern unterstützte S. Ltd. habe das Weitersenderecht der Antragstellerin verletzt. Das LG hat in diesem Zusammenhang u.a. ausgeführt, die hiesige Sachverhaltskonstellation entspreche der zweiten im Urteil des BGH vom 22.4.2009 - I ZR 175/07 erläuterten Variante, bei der die Sendungen der Antragstellerin an die Online-Videorecorder so vieler Kunden weitergeleitet werden, dass das Recht der Antragstellerin zur Weitersendung verletzt ist (Tz. 42 des Urteils des BGH v. 22.4.2009 - I ZR 175/07). Gegen diese Ausführungen, die keine Rechtsfehler erkennen lassen, werden von den Antragsgegnern in der Berufungsinstanz insoweit Einwendungen erhoben, als diese geltend machen, die Antragstellerin sei im Hinblick darauf nicht aktivlegitimiert, dass sie das zum Betrieb eines Online-Videorecorders erforderliche Weitersenderecht an die VG Media Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen mbH (im Folgenden: VG Media) übertragen habe; infolge der unwiderruflichen Hinterlegung eines Betrags i.H.v. 10.000 EUR seitens der S. Ltd. gälten außerdem die von der VG Media gehaltenen Nutzungsrechte als eingeräumt i.S.d. § 11 Abs. 2 UrhWG. Hiermit haben die Antragsgegner keinen Erfolg.

Jedenfalls bezüglich des hier relevanten Zeitraums ab Mai 2010 - die Antragstellerin stellt auf eine Verletzungshandlung vom Mai 2010 nach Zugang des Abmahnungsschreibens vom 10.5.2010 ab (vgl. Anlagen ASt 9, ASt 10) - kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin der VG Media die zum Betrieb eines Online-Videorecorders erforderlichen Weitersenderechte übertragen bzw. eingeräumt hat. Es kann hier dahinstehen, ob eine solche Übertragung bzw. Einräumung ursprünglich durch den Wahrnehmungsvertrag Fernsehen (Stand: September 2008) zwischen der Antragstellerin und der VG Media (Anlage AG 5) erfolgt war (verneinend: Schreiben des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10.9.2010 [Anlage zum Protokoll des Termins vom 18.11.2010]; bejahend: undatiertes Gutachten von Prof. Dr. H. [Anlage Bk 5]). Denn die Antragstellerin und die VG Media haben mit der Vereinbarung vom November 2009 (Anlage ASt 14) jedenfalls mit Wirkung fü...

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