Leitsatz (amtlich)
1. Einer als Handelsvertreterin tätigen GmbH, die das Vertrags-verhältnis wegen des Alters ihres Gesellschafter-Geschäftsführers kündigt, steht ein Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB nicht zu, wenn der mit der GmbH geschlossene Handelsvertretervertrag weder ausdrücklich noch konkludent in Bezug auf die Leistungsverpflichtungen des Handelsvertreters auf die Person dieses geschäftsführenden Gesellschafters abstellt.
2. Der als Handelsvertreter arbeitende Pächter einer Tankstelle, der Zugriff hat auf die laufenden Kassenaufzeichnungen, Kartenbelege und Messdaten über die abgegebene Kraftstoffmenge hat keinen Anspruch auf Erteilung eines zusätzlichen Buchauszuges.
Normenkette
HGB § 87c Abs. 2, § 89b Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 20.06.2005; Aktenzeichen 15 HKO 418/05) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des LG München I vom 20.6.2005 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des LG München I vom 20.6.2005 in Ziff. I aufgehoben und die Klage auch insoweit abgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht aus eigenem und abgetretenem Recht Ansprüche aus einem beendeten Handelsvertreterverhältnis geltend.
Er war - zuletzt aufgrund Vertrags vom 29.4./25.5.1988 - sog. Tankstellenverwalter zweier Selbstbedienungs- Großtankstellen der Beklagten in U.
Die vereinbarten Provisionen waren nach Absatzmengen gestaffelt und unterschiedlich hoch für Barzahler einerseits und Kartenkunden andererseits.
Mit Nachtragsvereinbarung vom 18.12.1991/3.4.1992 (Anlage K4) vereinbarten die Parteien, dass mit Wirkung vom 1.4.1992 die Firma W. GmbH in alle Rechte und Pflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Großtankstellenvertrag eintritt und das Vertragsverhältnis mit dem Kläger für die Dauer des Vertrages mit der Firma W. GmbH ruhend gestellt wird mit Ausnahme der für die Laufzeit des Vertrages unverändert fortbestehenden Treuepflicht. Die von der Firma W. GmbH übernommene Treupflicht gelte auch für ihre Gesellschafter persönlich. Gesellschafter der GmbH waren der Kläger mit einem Geschäftsanteil von 90 % und seine Ehefrau mit einem Anteil 10 %. Geschäftsführer war ab Dezember 1991 der Kläger.
Mit zwei Schreiben vom 22.3.2003 kündigte der Kläger für die GmbH und für sich persönlich das Vertragsverhältnis aus Altersgründen zum 31.3.2004 (Anlage K6).
Mit seiner Klage verlangt der Kläger Handelsvertreterausgleich i.H.v. 224.599,36 EUR nebst Zinsen sowie im Wege der Stufenklage für die Zeit ab 1.1.2000 Abrechnung, Erteilung eines Buchauszuges und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, die sich daraus ergebenden Provisionsforderungen nachzuzahlen.
Wegen der Feststellungen in I. Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im Teilurteil des LG München I vom 20.6.2005 Bezug genommen.
Mit seinem Teilurteil vom 20.6.2005 hat das LG München I die Beklagte verurteilt, die ab 1.1.2000 für sie durch die W. GmbH vermittelten provisionspflichtigen Verkäufe abzurechnen und mit einer Aufschlüsselung jedes einzelnen Geschäftsvorgangs zu versehen und gem. § 87c HGB einen Buchauszug dieser aufgeschlüsselten Geschäfte zu erteilen. Bezüglich des Antrags auf Zahlung von Handelsvertreterausgleich hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe aus abgetretenem Recht Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges. Ein eigener Anspruch des Klägers auf Buchauszug bestehe daneben nicht. Dass die GmbH selbst täglich Daten der Geschäftsvorgänge gesammelt und online an die Beklagte weitergeleitet habe, stehe dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nicht entgegen, weil die eigenen Dateien der GmbH monatlich gelöscht worden seien. Es könne auch nicht auf die Möglichkeit des Ausdrucks eines Doppels der jeweiligen Daten verwiesen werden. Angesichts der Vielzahl der Geschäftsvorgänge sei es der Handelsvertreterin nicht zumutbar gewesen, hierdurch selbst einen Buchauszug zu erstellen.
Ein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich stehe dem Kläger weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der GmbH zu. Aus eigenem Recht stehe ihm ein solcher Anspruch nicht zu, da die zur Berechnung angegebenen Kunden allein von der in der fraglichen Zeit tätigen GmbH geworben worden sein können. Die GmbH habe aufgrund der von ihr selbst erklärten Kündigung keinen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich. Die Beklagte habe der GmbH keinen begründeten Anlass zur Kündigung gegeben. Der GmbH habe auch die Fortsetzung ihrer Tätigkeit zugemutet werden können. Dabei könne es dahingestellt bleiben, wie alt der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung gewesen sei und welchen Gesundheitszu...