Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswidrige Datenverarbeitung auf Ärztebewertungsportal
Leitsatz (amtlich)
1. Die Veröffentlichung von Ärztebewertungen auf einem Online-Portal stellt keine Datenverarbeitung zu "journalistischen Zwecken" im Sinne von Art. 85 Abs. II DSGVO dar. (Rn. 32 - 36)
2. Gewährt ein Bewertungsportal durch das Angebot eines Premium-Accounts zahlenden Ärzten verdeckte Vorteile, hat es nicht mehr eine Stellung als neutraler Informationsvermittler inne. Dies führt in der Regel dazu, dass die Datenverarbeitung rechtswidrig ist. (Rn. 39 - 74)
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2, § 1004; DSGVO Art. 6 Abs. 1, Art. 85 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 06.12.2019; Aktenzeichen 25 O 13978/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 06.12.2019, Az. 25 O 13978/18, dahin abgeändert, dass die Beklagte über die in Ziffern 1-3 erfolgte Verurteilung hinaus weiter verurteilt wird,
1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, auf der Website www.j....de ein Profil mit Namen und Fachrichtung des Klägers sowie Anschrift und Telefonnummer seiner Praxis zu veröffentlichen, auf welchem Bewertungen durch angebliche Patienten des Klägers eingestellt werden können, und dabei gleichzeitig
a) zahlenden Kunden in größerem Umfang als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil von ihnen angebotene Leistungen anzugeben, wenn dies geschieht wie in Anlage K 5 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder
b) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil ein Portraitbild zu hinterlegen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 6 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder
c) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil individuelle Inhalte und Bilder zu präsentieren, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder
d) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil die Adresse ihrer eigenen Praxis-Homepage anzugeben und zu verlinken, wenn dies geschieht wie in Anlage K 8 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder
e) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, Fachartikel auf ihrem Profil zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 9 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder
f) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, auf ihrem Profil ein Video einzustellen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 10 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder
g) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf ihr Profil einzustellen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 11 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder
h) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, individuelle Bewertungskriterien abzufragen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 12 (Hervorhebungen in Rot) wiedergegeben und/oder
i) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, ihr Profil von der Beklagten erstellen und pflegen zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 13 (Hervorhebungen in Rot) wiedergegeben und/oder
j) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, für die Texte auf ihrem Profil die Dienste professioneller Texter in Anspruch zu nehmen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 14 (Hervorhebungen in Rot) wiedergegeben und/oder
k) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, Artikel auf der Unterseite "Experten-Ratgeber" zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 15 wiedergegeben (Hervorhebungen in Rot) und/oder
l) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich von der Beklagten interviewen zu lassen und das Interview auf der Unterseite "Experten-Ratgeber" zu veröffentlichen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 16 wiedergegeben und/oder
m) zahlenden Kunden anders als dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, sich bei Suchanfragen zu speziellen Suchbegriffen auffälliger darstellen zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 18 wiedergegeben.
2. den Kläger von der Forderung der H. Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von weiteren 443,22 EUR freizustellen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich Ziffer I. 1 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 EUR abwenden, wenn nich...