Entscheidungsstichwort (Thema)
Miteigentumsanteil am Grundstück: Rückübertragung nach Erbschaft
Normenkette
BGB § 138 Abs. 2, § 812
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 22.11.2013; Aktenzeichen 43 O 1286/13) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 22.11.2013, Az. 43 O 1286/13, aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 146.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Rückübertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück M. str. 9, P., Flur-Nr ... 92/32.
Der am 27.01.1985 geborene Kläger ist der Sohn der Beklagten. Nach dem Tod seines Vaters, des geschiedenen Ehemannes der Beklagten, am 11.10.2004 erbte der Kläger den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück M. str. 9, P., Flur-Nr ... 92/32.
Mit notariellem Vertrag vom 22.11.2004 des Notars Dr. F. (Urkundennr ... 38/2004) vereinbarten der Kläger und die Beklagte die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils des Klägers auf die Beklagte; zugleich wurde hierüber die Auflassung erklärt und die Eintragung in das Grundbuch bewilligt.
Unter Abschnitt 3 des Vertrages wurde unter der Überschrift "Gegenleistungen" unter anderem Folgendes vereinbart:
"Der Erwerber hat dem Veräußerer bereits einen Barbetrag von 30.000,00 Euro bezahlt. Der Veräußerer bestätigt den Empfang. Darüber hinaus bestehen Nachlassverbindlichkeiten von ca. EURO 50.000,-- - i.W. EURO fünfzigtausend -. Weitere Verbindlichkeiten bestehen nach Angabe des Veräußerers nicht. Der Erwerber übernimmt ab dem auf die Beurkundung dieses Vertrages folgenden Monatsersten anstelle des Veräußerers im Wege der befreienden Schuldübernahme, sämtliche Nachlassverbindlichkeiten des Herrn Heinz B., verstorben am 11.10.2004 in Pfarrkirchen. (...)"
Der Kläger und die Beklagte haben den notariellen Vertrag abgeschlossen, um eine Zwangsversteigerung des Grundstücks M. str. 9, P. zu verhindern, falls der Kläger die Nachlassverbindlichkeiten nicht bedienen kann. Im Nachlassverzeichnis vom 11.11.2004, das die Beklagte ausgefüllt und der Kläger unterzeichnet hat, sind 40.000,00 EUR Nachlassverbindlichkeiten eingetragen. Als Wert des hälftigen Grundstücksanteils sind 146.313,00 EUR eingetragen.
Durch Vereinbarung vor dem Amtsgericht Eggenfelden vom 06.05.2011, Az. 020101 F 195/11, haben sich die Parteien geeinigt, ab sofort jeden Kontakt zueinander zu unterlassen.
Der Kläger ist der Auffassung, der Vertrag vom 22.11.2004 sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Die Beklagte habe sich die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils unter Ausbeutung einer Zwangslage des Klägers, seiner Unerfahrenheit, seines Mangels an Urteilsvermögen und seiner erheblichen Willensschwäche gewähren lassen; zudem stehe diese Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zur Gegenleistung. Nachlassverbindlichkeiten seien nur in einer Höhe von maximal 20.000,00 bis 25.000,00 EUR vorhanden gewesen, wovon der Kläger den überwiegenden Teil selbst bezahlt habe. Den unter Abschnitt 3 des Vertrages vom 22.11.2004 bezeichneten Betrag von 30.000,00 EUR habe er niemals erhalten. Der übertragene Hälfteanteil an dem Grundstück M. str. 9, P. habe einen Wert von ca. 146.000,00 EUR gehabt. Die Beklagte habe den Kläger zum Abschluss des notariellen Vertrages veranlasst, indem sie ihm zu hohe Nachlassverbindlichkeiten vorgespiegelt habe. Sie habe die Unerfahrenheit des Klägers ausgenutzt, weil dieser zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 19 Jahre alt gewesen sei. Er sei durch den kurzen Zeitabstand zwischen dem Tod des Vaters und dem Abschluss des Vertrages überfordert gewesen. Seit frühester Kindheit befinde sich der Kläger wegen der familiären Situation und einer erheblichen Drogenproblematik in psychotherapeutischer Behandlung.
Der Kläger hat in der ersten Instanz beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Hälftemiteigentumsanteil an dem im Grundbuch des Amtsgerichts Eggenfelden für P., Bl ... 49, unter der FlurstücksNr ... 92/32 eingetragenen Grundstück aufzulassen und die Eintragung des Klägers im Grundbuch zu bewilligen.
Der Beklagte hat in der ersten Instanz beantragt:
Klageabweisung.
Die Beklagte trägt vor, sie habe 2.714,46 EUR Nachlassverbindlichkeiten bezahlt. Bei Abschluss des notariellen Vertrages sei man aber von Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 40.000 bis 50.000,00 EUR ausgegangen, weil im Nachlass des Vaters des Klägers ein Schreiben eines privaten Kreditvermittlers mit einer Kreditzusage in Höhe von 20-25.000,00 EUR gewesen sei; angesichts der Alkoholsucht des Vaters sei man davon ausgegangen, dass noch weitere Verbindlichkeiten ans Lich...