Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 10.02.1994; Aktenzeichen 7 O 12260/93)

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrnehmung der Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung gehört. Dem Verein gehören u. a. die Verbraucherzentralen aller Bundesländer als Mitglieder an.

Die Beklagte betreibt eine Rechtsschutzversicherung. Sie bietet den. Abschluß entsprechender Verträge auch an Letztverbraucher an. Bei Änderung bestehender Verträge ("Neuordnung" während der Laufzeit) verwendet sie Antragsformulare, die auf der Vorderseite die Rubriken "Vertragsbeginn" und "Vertragsdauer" aufweisen. Unter beiden Rubriken ist ein rechteckiges Kastenfeld vorgesehen, in dem unter "Vertragsbeginn" der Zusatz "ohne Datum: 1 Tag nach Antragstellung - 0 Uhr" vorgedruckt ist. In dem der Vertragsdauer zugeordneten Kasten sind die Wahlmöglichkeiten 1 Jahr, 3 Jahre und 5 Jahre vorgesehen.

Auf der Rückseite des Formulars findet sich folgender Aufdruck:

"Bei Neuordnung des Rechtsschutzvertrages wird der neue Leistungsinhalt sofort wirksam (soweit nicht ausnahmsweise eine Wartezeit gilt). Der bisherige Fälligkeitstermin des Jahresbeitrages (sogenannte Hauptfälligkeit, falls eine unterjährige Zahlungsweise vereinbart ist) soll beibehalten werden. Damit die Vertragsperiode und die Zahlungsperiode übereinstimmen, beginnt, die vereinbarte Vertragsdauer erst mit der nächsten, auf den Neuordnungsbegin,h folgenden Fälligkeit des Jahresbeitrages. Dabei tritt jedoch an die Stelle des Fälligkeitstag es (dies ist gemäß § 7 Abs. 2 ARB der Monatserste) als Vertragsbeginn der Kalendertag des Neuordnungsbeginns (so daß ab Neuordnungsbeginn volle Monate- abgerechnet werden können)."

Wegen der Einzelheiten der Ausgestaltung des Antragsformulars wird auf Anlage K l verwiesen.

Bis zum 31.12.1990 verwendete die Beklagte für den Neuabschluß von Versicherungsverträgen Formulare, in welchen das Kastenfeld unter der Rubrik "Vertragsdauer" nur einen Zeitraum von 5 Jahren vorsah; alternative Laufzeiten wurden nicht angeboten. Bei Verträgen, die vor dem 31.12.1990 abgeschlossen wurden (Altverträge), beruft sich die Beklagte auf die 5jährige Laufzeit.

Die Beitragsangleichungsklausel der allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung enthält in Nr. 5. folgende Klausel:

"Erhöht sich der Beitrag um mehr als 15 Prozent, kann der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats, nachdem ihm die Beitragserhöhung mitgeteilt wurde, den Versicherungsvertrag zu dem Zeitpunkt kündigen, in dem die Beitragserhöhung wirksam werden sollte."

Der Kläger hat mit der mit Schriftsatz vom 21.06.1993 erhobenen Klage vorgetragenen, die Neuordnungs- und die Laufzeit-Klausel in den Altverträgen verstießen gegen das AGBG. Die Neuordnungs-Klausel sei mit dem Transparenzgebot, einem tragenden Prinzip des AGBG, nicht vereinbar. Der Durchschnittskunde könne nicht erkennen, daß, wenn z. B. im Antragsformular der Vertragsbeginn mit 08.01.1992 und die Vertragsdauer mit 1 Jahr angegeben seien, tatsächlich bei Heranziehung der beanstandeten Klausel eine Laufzeit von beinahe 2 Jahren vereinbart sein könne, nämlich bis Dezember des Folgejahres, wenn die bisherige Fälligkeit des Vertrages im Dezember lag. Die fehlende Transparenz sei gegeben, obwohl die Klausel auf Wunsch des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen eingefügt worden sei. Die gewollte Übereinstimmung von Versicherungsperiode und Zahlungsperiode hätte auch dadurch erreicht werden können, daß vom Zeitpunkt der Änderung an sowohl die Prämienfälligkeit als auch die Vertragsdauer auf den Änderungszeitpunkt bezogen worden wären. In diesem Fall wäre die Regelung für den Kunden durchschaubar gewesen. Durch die gewählte Formulierung werde dagegen erreicht, daß die bisherige Vertragsdauer verlängert werde, ohne daß der Kunde dies erkenne. Dies sei mit den Interessen des Kunden nicht zu vereinbaren.

Hinsichtlich der Laufzeit-Klausel sei zu beachten, daß die Rechtsschutzversicherer aufsichtsrechtlich daran gehindert gewesen seien, längere Verträge als mit fünfjähriger Laufzeit anzubieten. Werde Kunden lediglich die höchstzulässige Laufzeit angeboten, so stelle dies eine unangemessene Benachteiligung dar. Den Kunden müsse die Möglichkeit geboten werden, die Laufzeit des Vertrages eventuellen Veränderungen ihrer Lebensverhältnisse anzupassen, zumal sich die Beklagte das Recht vorbehalte, ihre Prämien bis zu 15 % zu erhöhen, ohne daß der Kunde kündigen könne. Das Preisargument sei nach der Rechtsprechung von vornherein nicht geeignet, eine langjährige Bindung des Kunden zu rechtfertigen.

Der Kläger hat folgende Anträge gestellt.

I. a) Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an den Mitgliedern ihres Vorstands, zu unterlassen, für Verträge über eine Rechtsschutzversicherung folgende oder inhaltsgleiche Klauseln in all...

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