Entscheidungsstichwort (Thema)
Narbenbruch als typische Komplikation nach einer Operation
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 06.09.2002; Aktenzeichen 24 O 109/00) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Landshut vom 6.9.2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Arzthaftung auf Schmerzensgeld und Feststellung in Anspruch.
Ende November 1996 hatte der Frauenarzt der am 3.9.1950 geborenen Klägerin bei dieser histologisch eine schwere dysplastische Portioveränderung festgestellt und ein Plattenepithelkarzinom der Portio diagnostiziert. Er hatte die Klägerin an die gynäkologische Abteilung des Klinikums … überwiesen und in einem dorthin gerichteten Schreiben vom 10.1.1997 mitgeteilt: „Aufgrund des Befundes dürfte es sich um ein Stadium Ib handeln, so dass ich Ihnen die Patientin zur weiteren Staging-Untersuchung und anschließenden Wertheim-Operation überweisen möchte” (vgl. Arztbrief in den Krankenunterlagen).
Der Verdacht auf eine Krebserkrankung des Gebärmutterhalses bestätigte sich im Klinikum, wo sich die Klägerin schließlich vom 14.1. bis 10.2.1997 im Hinblick auf einen beabsichtigten operativen Eingriff in stationärer Behandlung befand.
Vor dessen Durchführung war mit der Klägerin die Operation besprochen worden. Sie hatte auch ein „Merkblatt zum Aufklärungsgespräch mit dem Arzt/der Ärztin über die erweiterte Gebärmutteroperation und zusätzliche Entfernung hoher Lymphknoten und eventueller Ausdehnung der Operation auf andere Organe” erhalten und am 16.1.1997 unterschrieben. Das Aufklärungsblatt enthält vorgedruckt u.a. folgende Angaben: „In Sonderfällen muss der Eingriff auch Darm, Blase und Harnleiter miteinbeziehen. … Dann kann es eventuell notwendig werden, eine künstliche Ableitung des Harns und/oder des Darminhaltes herzustellen …. lässt sich auch bei größter Sorgfalt eine Verletzung oder anderweitige Schädigung der umgebenden Organe und Gewebsstrukturen …. nicht absolut sicher vermeiden. Betroffen sein können Darm, Blase, Harnleiter, große Blutadern und Nerven …. können sich behandlungsbedürftige Störungen des Harnabflusses und/der Blasenentleerung entwickeln. Unter Umständen kommt es auch zu unwillkürlichem Harnabgang (Inkontinenz).” Handschriftlich ist in dem Formblatt auf der ersten Seite unter dem angekreuzten Vordruck „evtl. Ausdehnung der Operation auf andere Organe” u.a. Folgendes eingetragen: „bei Tumorbefall: Darm, Blase, Harnleiter, notfalls anus praeter”. Als Komplikationen sind auf der letzten Seite des Merkblatts handschriftlich eingetragen: „Blutung, Thrombose, Embolie, Infektion, Nachblutung, Verletzung von Organen, Nerven, Gefäßen”.
Am 17.1.1997 nahm der … bei der Klägerin eine erweiterte Gebärmutterentfernung nach Wertheim-Meigs vor. Hierbei wurden u.a. auch 40 Lymphknoten aus dem Becken entfernt. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Operation mit 99,5 kg bei 167 cm Körpergröße übergewichtig.
Am achten postoperativen Tag wurden die Stahlclips, mit denen nach der Operation die Haut an der OP-Wunde zusammengehalten worden war, entfernt. Es kam schließlich zu einem Auseinanderweichen der Hautwundränder. Die Harnentleerung bereitete der Klägerin Probleme. Eine Harnableitung durch die Bauchdecke wurde belassen. Weiterhin wurden Verhaltenshinweise gegeben sowie eine Kontrolle des Restharns beim Frauenarzt angeraten. Am 10.2.1997 wurde die Klägerin mit gut sekundär verheilter Wunde entlassen.
In der Zeit vom 24.4. bis 23.5.1997 befand sich die Klägerin zur Behandlung einer ca. 10cm großen Bruchpforte im Unterbauch mit Vorwölbung des Darmes nochmals stationär im Klinikum … . Am 2.5.1997 wurde ihr deshalb zur Behebung der Bauchwandnarbenhernie ein Kunststoffnetz implantiert.
Die Klägerin ist seit der Operation auf eine Selbstkatheterisierung der Harnblase angewiesen. Im Bereich der rechten Niere existiert mittlerweile bei Stauniere eine Nierenfistel, wobei ein Teil des Harnes mit einem Schlauch direkt aus der Niere abgeleitet werden muss. Bei der linken Niere der Klägerin wurde zuletzt eine völlige Funktionslosigkeit festgestellt. Die Klägerin unterzieht sich seit geraumer Zeit Bestrahlungen im Bereich der Gebärmutter.
Hinsichtlich der Frage möglicher Behandlungsfehler im Klinikum … wurde vorprozessual durch die Gutachter- und Schlichtungsstelle der Bayerischen Landesärztekammer ein Gutachten des Sachverständigen … erholt, das dieser am 27.7.1999 mit dem Ergebnis vorlegte, dass ein Behandlungsfehler nicht erkennbar sei (Anlage B 6).
2. a) Die Klägerin hat in erster Instanz Behandlungs- und Aufklärungsfehler behauptet.
aa) Sowohl die Operation selbst als auch die Folgehandlung seien nicht fachgerecht durchgeführt worden. Dies ergebe sich bereits aus den eingetretenen und bei ordnungsgemäßer Operation zu vermeidenden Nervenschädigungen. Bei einer lege artis durchgeführten Operation wäre zudem eine Selbstk...