Entscheidungsstichwort (Thema)
Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und von einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 133 Abs. 1 S. 2 InsO ist in der Regel anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt.
2. Anders als bei einem Unternehmer, der einen kostenträchtigen Geschäftsbetrieb unterhält, kann bei einem Architekten, der im Wesentlichen als Dorfplaner tätig ist, nicht zwingend auf das Vorhandensein von weiteren Gläubigern geschlossen werden.
Normenkette
InsO § 133 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 13.07.2016; Aktenzeichen 6 O 6316/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 13.07.2016, Az. 6 O 6316/15, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf ... EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen ... Ansprüche gegen die Beklagte nach Insolvenzanfechtung geltend,
Auf die tatsächlichen Feststellungen und Anträge im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO. Etwaige Änderungen bzw. Ergänzungen zugunsten der berufungsführenden Partei sind aus prozessualen Gründen nicht erforderlich.
Das LG München I hat mit Endurteil vom 13.07.2016 unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagte verurteilt, an den Kläger. . EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2012 zu zahlen.
Dagegen wendet sich die Beklagte unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags mit ihrer Berufung. Insbesondere bestreitet sie den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und ihre Kenntnis hiervon. Sie ist der Ansicht, dass sie davon ausgehen konnte, dass ihre Beiträge erst dann beglichen werden, wenn alle anderen gegen den Schuldner bestehenden Forderungen beglichen seien. Der Schuldner hätte durch die Streichung aus der Architektenrolle auch die Rückstände beseitigen können (bei Verlust der diesbezüglichen Rentenanwartschaft). Nachdem es sich bei dem Beklagten um einen Einzelarchitekten gehandelt habe, der keinen kostenträchtigen Geschäftsbetrieb unterhalten habe, hätte nicht mit weiteren Gläubigern gerechnet werden müssen.
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:
Das Urteil des LG München I vom 13.07.2016, Az: 6 O 6316/15, wird aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Der Kläger beantragt die Berufung zurückzuweisen.
Er vertieft ebenfalls seinen erstinstanzlichen Vortrag und ist insbesondere der Ansicht, dass die Beklagte aufgrund der Zahlungseinstellung ihr gegenüber von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners Kenntnis gehabt habe.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, das Endurteil des LG München I vom 13.07.2016, die vom Senat erteilten Hinweise und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20.12.2016 Bezug genommen.
II. Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Der Kläger kann keinen Rückzahlungsanspruch gem. §§ 143 Abs. 1,129 Abs. 1,133 Abs. 1 InsO geltend machen, da zumindest eine Kenntnis der Beklagten von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht dargelegt und nachgewiesen ist.
1. Von zumindest drohender Zahlungsunfähigkeit ab der ersten angefochtenen Zahlung kann ausgegangen werden, da der Schuldner die fälligen Raten bei der Beklagten nicht bezahlt hat und einen immer größer werdenden Forderungsbestand vor sich hergeschoben hat. Der Schuldner war erkennbar nicht in der Lage die Forderungen der Beklagten bei Fälligkeit zu begleichen. Dies war der Beklagten auch bekannt, Diese kannte den Zahlungsrück- stand in Höhe von ... EUR (siehe Vollstreckungsauftrag vom 04.08.2008, Anlage B 2). In der Zeit zwischen Vollstreckungsanordnung vom 21.02,2008, die dem Schuldner zugestellt wurde (Anlage K 7) und Vollstreckungsauftrag (also knapp 6 Monate) erfolgte von Seiten des Schuldners keine Zahlung und dies im Hinblick auf die unmittelbare Drohung der Durchführung der Zwangsvollstreckung. Dem vorangegangen war bereits eine Ratenzahlungsvereinbarung vom 29.01.2007, die nicht eingehalten wurde (Anlage 2 zum SS des Klägervertreters vom 15.03.2016, hinter Bl. 98/100) und eine Mahnung vom 15.11.2007 für Zahlungsrückstände in Höhe von ... EUR mit Zahlungsfrist bis 07.12.2007 (Anlage 1 zum SS des Klägervertreters vom 15.03.2016, hinter Bl. 98/100). Die streitgegenständlichen Zahlungen erfolgten nur aufgrund des Vollstreckungsdrucks nach Einschaltung des Gerichtsvollziehers.
2. Es liegt eine objektive Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO vor, da durch die Zahlungen die...