Leitsatz (amtlich)
Der Auftragnehmer kann Sicherheit nach § 648a BGB auch nach der Abnahme fordern. Leistet der Auftraggeber die Sicherheit nicht, kann der Auftragnehmer den fälligen Werklohn einklagen. Der Auftraggeber kann dem kein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB entgegensetzen. Er kann die Werklohnforderung nur wegen unstreitiger oder rechtskräftig festgestellter Mängel mindern bzw. nur mit unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen aufrechnen.
Normenkette
BGB § 648a
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 2 HKO 1234/02) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG Landshut vom 2.8.2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 166.080,17 Euro.
Tatbestand
Die Klägerinnen fordern von der Beklagten Restwerklohn, nachdem die Beklagte eine Sicherheitsleistung nach § 648a BGB nicht gestellt hat.
Gemäß Generalunternehmervertrag vom 2.7.1999 errichteten die Klägerinnen, die sich unter der Bezeichnung „…” zusammengeschlossen hatten, für die Beklagte eine Wohnanlage mit Reihenhauscharakter und Tiefgaragen in Freising am … zu einer pauschalen Bruttobausumme von 11.950.000 DM.
Die Klägerinnen haben jeweils hälftig der Beklagten Vertragserfüllungsbürgschaften der … i.H.v. 6 % des Werklohnanspruches gestellt, die sich ab Gewährleistungsbeginn um 1 % ermäßigen und in jeweilige Gewährleistungsbürgschaften umwandelten.
Die Wohnanlage wurde am 17.8.2001 abgenommen.
Die Schlussrechnung der Kläger vom 18.10.2001 über insgesamt 13.585.543,57 DM brutto wurde von der Beklagten auf 12.234.839,57 DM korrigiert. Die Beklagte hat Abschlagszahlungen i.H.v. 11.910.014,99 DM geleistet.
Mit Schriftsatz vom 14.1.2002 (Anlage K 1) forderten die Klägerinnen die Beklagte auf, eine Sicherungsbürgschaft gem. § 648a BGB über 300.000 DM bis spätestens 31.1.2002 zu stellen. Dem kam die Beklagte nicht nach. Sie trat stattdessen eine Bürgschaft im Höchstbetrag von 1 Mio. DM der … zur Absicherung von Ansprüchen der Beklagten aus einem Generalübernehmervertrag vom 14.12.1998 gegen die … (im Folgenden: …) und … (im Folgenden: …) an die Klägerinnen ab.
In der Folge forderten die Klägerinnen von der Beklagten Zahlung des unstreitigen und von der Beklagten anerkannten Rechnungsbetrages von 324.824,58 = 166.018,17 Euro.
Die Klägerinnen haben in der 1. Instanz beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen 166.080,17 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit dem 25.1.2002 zu bezahlen.
Die Beklagte erkannte den Klagebetrag in Höhe eines Betrages von 193.888,54 DM (= 99.133,64 Euro) an, Zug um Zug gegen Beseitigung aller Mängel, die sich aus der der Klageerwiderung beigefügten als Anlage B 1 gekennzeichneten Mängelliste ergeben.
Sie hat i.Ü. beantragt: die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat in 1. Instanz vorgetragen, dass ihr hinsichtlich des anerkannten Betrages ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer Reihe teilweise schon bei der Abnahme gerügter Mängel zustehe. Im Übrigen mindere sie den Werklohn und rechne mit Gegenansprüchen auf.
Das LG Landshut hat mit Endurteil vom 2.8.2002 die Beklagte kostenpflichtig zur Zahlung von 166.080,17 Euro nebst 5 % Zinsen, über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit 25.1.2002 verurteilt.
Zur Begründung führte das LG Landshut im Wesentlichen aus, dass die den Klägerinnen abgetretene Bürgschaft der … (Anlage K 4) keine taugliche Sicherungsbürgschaft i.S.d. § 648a BGB darstelle und die Beklagte deswegen ggü. der Restwerklohnforderung der Klägerinnen keine Gegenrechte in Form von Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrechten wegen Mängeln zustehe. Auch eine Aufrechnung könne erst dann geltend gemacht werden, wenn die Sicherheit geleistet sei.
Gegen dieses ihr am 6.8.2002 zugestelltes Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz, eingegangen am 3.9.2002, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz, eingegangen am 5.11.2002, begründet, nachdem ihr die Berufungsbegründungsfrist bis einschl. 6.11.2002 verlängert worden war.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihre in der 1. Instanz geltend gemachten Anträge im vollen Umfang weiter: Die abgetretene Bauhandwerkersicherneit sei eine ausreichende Sicherheit i.S.d. § 648a BGB. Die Beklagte habe gegen die Gegenforderung i.H.v. 130.936,06 DM aufgerechnet bzw. insoweit für Teilbeträge Minderungen geltend gemacht. Das hätte die Restwerklohnforderung der Kläger entspr. reduziert.
Auch wenn die Beklagte keine ausreichende Bürgschaft gem. § 648a BGB gestellt ...