Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 27.01.2004; Aktenzeichen 54 O 1590/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 27. Januar 2004 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Zahlungsansprüche wegen einer beeinträchtigenden Schenkung geltend. Die Eltern der Parteien schlossen am 21. Januar 1965 einen notariellen Erbvertrag mit folgendem Inhalt:
„Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.
Der Längerlebende von uns soll über den Nachlaß des zuerst Verstorbenen unter Lebenden frei verfügen können.
Als Erben des Längerlebenden von uns setzen wir unsere beiden Kinder
- …
- …
ein.
Der Längerlebende von uns soll letztwillig frei bestimmen können, wie sein Nachlaß einschließlich des von dem zuerst Verstorbenen stammenden Nachlasses unter diese beiden Kinder aufgeteilt werden soll. Er kann insbesondere bestimmen, dass einzelnen Nachlassgegenstände dem einen oder anderen Kinde ganz oder zu bestimmten Bruchteilen zufallen soll …”.
Die Mutter der Parteien verstarb im Jahr 1993, der Erblasser verstarb am 06.01.2003. Aufgrund einer ihm am 28.05.2002 durch den Erblasser erteilten notariellen Vorsorge- und Generalvollmacht (K 2) übertrug der Beklagte von den in der Anlage K 28 im einzelnen bezeichneten Konten insgesamt 131.523,95 EUR auf eigene Konten. Mit notarieller Urkunde vom 14. Oktober 2002 (Anlage K 14) schenkte der Erblasser dem Beklagten diesen Betrag mit der Maßgabe, dass diese Zuwendung nicht auf ein späteres Erbe des Beklagten anzurechnen sei.
Die Klägerin war und ist der Meinung, dass es sich hierbei um eine beeinträchtigende Schenkung im Sinne des § 2287 BGB handele und der Beklagte ihr deshalb die Hälfte des Geschenks zu übertragen habe.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des Ersturteils wird ergänzend Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO.
Das Landgericht gab der Klage statt mit der Begründung, dass § 2287 BGB anwendbar sei, eine beeinträchtigende Schenkung vorliege und sich die Beeinträchtigungsabsicht aus den gesamten Umständen ergebe. Der Beklagte sei gegenüber seinem Vater keine rechtliche Verpflichtung zur Versorgung im Alter eingegangen. Der Erblasser hätte sich auch ohne die Überwachung des Beklagten durch die Sozialstation versorgen lassen können. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird ergänzend Bezug genommen.
Hiergegen legte der Beklagte Berufung ein mit dem Ziel der Abweisung der Klage. Er ist der Meinung, dass § 2287 BGB hinsichtlich lebzeitiger Schenkungen durch die Parteien des Erbvertrags ausgeschlossen worden sei. Zudem liege keine Beeinträchtigungsabsicht des Erblassers vor.
Die Klägerin ist der Meinung, dass das Berufungsgericht an die zutreffende Auslegung durch das Landgericht gebunden sei und die Zuwendung an den Beklagten nur zu dem Zweck erfolgt sei, der Klägerin die Vorteile der erbvertraglichen Erbeinsetzung zu entziehen. Nur deshalb habe der Beklagte die Konten des Erblassers leergeräumt und dies im Nachhinein durch die notariell beurkundete Schenkung sanktionieren lassen.
Ergänzend wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässige Berufung ist auch begründet:
a) Der Senat teilt die Auslegung des Landgerichts, wonach § 2287 BGB hier den klägerischen Anspruch begründet, nicht. Insbesondere ist der Senat nicht der Auffassung, dass die notarielle Urkunde vom 21. Januar 1965 in dem streitgegenständlichen Punkt überhaupt der Auslegung zugänglich ist. Dem steht zwar nicht entgegen, dass der Erbvertrag notariell beurkundet worden ist (s. Palandt, BGB, 63 Aufl. Rnr. 8 vor § 2274 m.w.N.), jedoch setzt jede Auslegung voraus, dass eine Regelungslücke besteht oder der Auslegung bedürftige Willenserklärungen vorliegen. Dies ist hier nicht der Fall, denn im endgültigen Text der notariellen Urkunde ist im zweiten Satz des Erbvertrags die Verfügungsbefugnis der längerlebenden Vertragspartei klar, eindeutig und ohne Zweifel aufzuwerfen, geregelt. Die Klausel enthält keinerlei Beschränkung des Längerlebenden bezüglich der Verfügungen unter Lebenden.
Die Annahme des Landgerichts, dass diese Formulierung lediglich eine Berechtigung zu ausgleichungspflichtigen Teilungsanordnungen beinhalte, wird von der Vertragsurkunde nicht getragen. Die Argumente des Landgerichts hierzu teilt der Senat nicht: gerade die Annahme des Landgerichts, dass die Vertragschließenden die Berechtigung zu Teilungsanordnungen regeln wollten und dies eindeutig auch getan haben, findet im Vertragstext keine Stütze. Das Landgericht übersieht, dass in der maßgeblichen Passage des Er...