Leitsatz (amtlich)
Weist eine Kaufsache einen Sachmangel auf, der nicht mehr im Wege der Nacherfüllung beseitigt werden kann, weil die Kaufsache durch ein Ereignis, wofür der Sachmangel nicht ursächlich war, stark beschädigt bzw. zerstört wurde, dann hat der Käufer gegen den Verkäufer analog § 326 Abs. 2 S. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Kosten, die diesem bei einer Nacherfüllung entstanden wären.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Gewährleistungsansprüche geltend.
Der Kläger erwarb für private Zwecke im Mai 2002 von der Beklagten, die u.a. mit Kraftfahrzeugen handelt, einen fabrikneuen Pkw-Anhänger, den die Nebenintervenientin produziert hatte. Im August 2002 ist dieser Anhänger bei Wegebaumaßnahmen im Gebirge stark beschädigt worden. Mit Anwaltsschreiben vom 29.11.2002 ließ der Kläger der Beklagten eine Frist zur Behebung der Mängel bis zum 15.12.2002 setzen, die fruchtlos verstrich. Klage wurde mit dem Schriftsatz vom 27.2.2003 erhoben, die der Beklagten am 22.3.2003 zugestellt wurde.
Die Beklagte hat in der zweiten Instanz die Einrede der Verjährung erheben lassen.
Das LG München II hat die Klage abgewiesen. Das OLG München hat dem Kläger unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils einen Zahlungsanspruch in Höhe der Nacherfüllungskosten zugesprochen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung führt zu einem geringen Teil zum Erfolg, da der Anhänger zwei kleinere Mängel i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB aufgewiesen hat, die jedoch nicht für den bei den Wegebaumaßnahmen eingetretenen Schaden ursächlich gewesen sind.
Der Kläger hat analog § 326 Abs. 2 S. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Kosten, die der Beklagten bei einer Nacherfüllung entstanden wären.
Die Durchführung einer Nacherfüllung, die - wie sich aus §§ 440, 441 BGB ergibt - den anderen Gewährleistungsansprüchen vorgeht, ist inzwischen unmöglich, da der streitgegenständliche Anhänger wegen der durchgeführten Materialprüfungen völlig zerstört ist.
Nach den vom Berufungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten hat das äußere Profil des Rahmens eine zu geringe Festigkeit aufgewiesen und das Fangseil ist zu lang gewesen. Im Übrigen ist der streitgegenständliche Anhänger mängelfrei gewesen. Die beiden festgestellten Mängel sind nach den Gutachten für das Schadensereignis bei der Wegebaumaßnahme nicht ursächlich gewesen. Ursache für dieses Schadensereignis ist danach ein bestimmungswidriger Gebrauch des streitgegenständlichen Anhängers gewesen. Wegen der allgemein anerkannten Sachkunde der beauftragten Gutachter hat das Berufungsgericht keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen.
Da der Schadenseintritt bei der Wegebaumaßnahme nicht auf die festgestellten Mängel, sondern auf einen bestimmungswidrigen Gebrauch durch den Kläger oder eine von diesem beauftragte Person zurückzuführen ist, ist ein Rücktritt unter Berücksichtigung von § 323 Abs. 6 BGB ausgeschlossen. § 437 Nr. 2 BGB verweist auf § 323 BGB ohne jede Einschränkung.
Durch die Kopplung von Rücktritt und Minderung in § 441 BGB entfällt damit auch das Minderungsrecht, so dass zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Entlastung der Beklagten als Verkäuferin einer leicht mangelhaften Sache § 326 Abs. 2 S. 2 BGB analog anzuwenden ist. Danach muss sich der Schuldner das anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart. Dies bedeutet, dass die Beklagte, die zur Nacherfüllung verpflichtet gewesen wäre, wenn die beiden Mängel vor dem Eintritt des Schadensereignisses bekannt gewesen wären, dem Kläger ihre ersparten Aufwendungen zu ersetzen hat. Nach den Feststellungen der Gutachter hätten die Bruttokosten für die Mängelbeseitigung 362,15 EUR betragen. Da der Verkäufer gem. § 439 Abs. 2 BGB auch Wege- und Transportkosten zu tragen hat, schätzt das Berufungsgericht die Kosten für das Abholen und das Bringen des Anhängers unter Berücksichtigung der Entfernung zwischen dem Wohnort des Klägers und dem Firmensitz der Beklagten durch einen Mitarbeiter der Beklagten gem. § 287 ZPO auf 40 EUR.
Die Ansprüche des Klägers auf Ersatz der Nacherfüllungskosten sind auch nicht gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB verjährt, da der Lauf der Verjährungsfrist durch die Klageerhebung im Februar 2003 gehemmt worden ist. Die Hemmungswirkung des § 209 BGB, die hier gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 22.3.2003 eingetreten ist, gilt gem. § 213 BGB auch für den vorgenannten Anspruch, da sich diese auf alle durch § 437 BGB geschützte Rechte erstreckt (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 213 BGB Rz. 2).
Fundstellen
Haufe-Index 1580352 |
MDR 2007, 259 |
ZGS 2007, 80 |
LL 2007, 219 |
OLGR-Süd 2006, 811 |